Nach Haiders Rücktritt

Führer ist, wer trotzdem lacht

Jörg Haider ist wieder da: »Ich kann nicht verstehen, dass in einer Zeit, in der Menschen ihre Probleme bekanntlich am Verhandlungstisch lösen, Bomben auf unschuldige Leute und Zivilisten geworfen werden.« Um einen Rückblick auf Brief- und Rohrbomben in Österreich geht es ihm nicht. Sein Statement gab er der ägyptischen Zeitung Al Ahram, Haiders Kritik gilt dem Bombenwerfer Israel.

Die Österreicher haben ihren Jörgl zurück. Unverfälscht und kompromisslos. Nicht so diplomatisch wie während und nach den Regierungsverhandlungen: Hier ein Angriff auf den politischen Gegner, dort ein Angebot, mit ihm in Europa zu kooperieren - samt einer lächerlichen Entschuldigung, die mit einem entschuldigenden Lächeln für die eigene Basis vorgebracht wurde. Die hat verstanden: Furor ist, wenn man trotzdem lacht. Und Führer ist, wer's richtig macht.

Jörg Haider macht alles richtig. Mit seinem Rücktritt vom Parteivorsitz der FPÖ hat er den direkten Weg vom bloßen Schattenkanzler zum Kanzleramt gewählt. »Dass Haider schließlich bei den nächsten Nationalratswahlen (...) als freiheitlicher Spitzenkandidat ins Rennen geht und damit die Wahllokomotive und der Kanzlerkandidat der FPÖ bleibt, steht außer Zweifel«, schreibt sein Kulturberater, der FPÖ-Chefideologe Andreas Mölzer, in der rechten Wochenzeitung Zur Zeit.

So etwas formuliert Mölzer nicht ohne Absprache mit seinem Chef. Während die FPÖVP-Regierung unter Wolfgang Schüssel versuchen muss, Zustimmung zur vermeintlichen Exekution von Sachzwängen zu organisieren, kann Haider sie durch Breitseiten gegen Ausländer, EU und »internationale Verschwörer« unterstützen - so lange sie auf Linie ist. Sollte die Regierung aber bei der konformistischen Formierung der österreichischen Gesellschaft durch Druck von innen - oder was wahrscheinlicher ist, von außen - lavieren, zögern oder gar ins Stocken geraten, wird auch sie zuerst be- und dann abgeschossen.

Am Ende dieser Regierung gäbe es für die gesamte österreichische Rechte nur noch Verlierer. Und jede Menge Streit. Die ÖVP würde die Boykottmaßnahmen des Auslandes für das Scheitern verantwortlich machen. Die FPÖ könnte sich dieser Kritik anschließen und dem Koalitionspartner eine Mitschuld geben. Besonders treue Haider-Anhänger - und das sind fast alle FPÖler - würden außer der EU und den Konservativen wohl auch die eigenen Minister angreifen.

Der Kärntner Landeshauptmann jedoch könnte für das Scheitern gar nichts. Er hätte mehrfach gewonnen: Die Abwehrgemeinschaft gegen die Europäische Union wäre gestärkt, die ÖVP könnte allenfalls noch in Tirol auf zweistellige Wahlergebnisse hoffen und die FPÖ hätte bewiesen, dass sie nur als Führerpartei - das heißt Haider-Partei - erfolgreich sein kann.

Wolfgang Schüssel sollte bis dahin seine Kanzlerschaft genießen - auch wenn er jetzt erst recht im Schatten Haiders steht. Denn sie wird kurz und gleichzeitg der Anfang vom Ende seiner politischen Karriere sein. Weder in einem Kabinett unter Haider noch in einer von Sozialdemokraten geführten Regierung wird es für ihn künftig einen Platz geben.

Doch Schüssel gibt Entwarnung und rückt sein Verhältnis zu Haider zurecht: »Ich bin nicht Dollfuß und Haider ist nicht Hitler«, stellte er am vergangenen Freitag fest. Das ist beruhigend, denn sonst sähe es noch schlechter für ihn aus: Engelbert Dollfuß, christlich-sozialer Bundeskanzler der Ersten Republik, wurde am 15. Juni 1934 von putschenden österreichischen Nazis erschossen.