Mitchell Cohen, linker US-Politologe, im Gespräch über die Verblendung der antizionistischen Linken

»Die Linke verteidigt heute die Hamas wie früher Stalin«

Antiisraelische Proteste breiten sich in den USA und weltweit aus, Antizionismus wird immer mehr zum Konsens der internationalen Linken. Ein Gespräch mit Mitchell Cohen über Begriffsverwirrung und linke Hamas-Apologetik.
Interview Von

Das letzte Mal sprachen Sie mit der Jungle World im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg vor fast 20 Jahren. Damals kritisierten Sie, dass das Denken der Linken auf Klischees beruhe. Was meinten Sie damit?
Ich meine die Tendenz, vorgefertigte Kategorien auf spezifische Fälle anzuwenden, ohne Unterscheidungen zu treffen oder die lokalen Begebenheiten zu verstehen. Man wirft undifferenziert mit Begriffen wie »Imperialismus«, »Kolonialismus«, »Apartheid«, »Widerstand«, und so weiter um sich, ohne sich damit zu beschäftigen, was tatsächlich vor sich geht.
Ich wohne in New York City, nur ein paar Straßen von der von Demonstranten besetzten Columbia University entfernt, und habe mir das angesehen. Die Sprechchöre ähnelten Hamas-Slogans, nur etwas für ein westliches Pu­blikum aufbereitet. Der Ruf »From the river to the sea, Palestine will be free« wiederholt beispielsweise den Ruf der Hamas und extremer arabischer Nationalisten nach einem muslimischen oder arabischen Palästina. Das bedeutet die Eliminierung Israels, keine Zwei-Staaten-Lösung.

»Die Sprechchöre an der Columbia University ähneln Hamas-Slogans, nur etwas für ein westliches Publikum aufbereitet.«

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