Die Influencerin und Trump-Unterstützerin Candace Owens äußert sich israelfeindlich

Gaddafi statt Reagan

Die politische Influencerin Candace Owens hat wegen anti­semitischer Äußerungen ihre Online-Sendung beim rechten US-Medienunternehmen The Daily Wire verloren. Ihr Fall zeigt, wie auch bei Unterstützern Donald Trumps israelfeindliche Einstellungen zunehmen – und zum Teil expliziter Antisemitismus.

Jung, schwarz, weiblich, stramm rechts – für die republikanische Partei war Candace Owens, als sie kurz nach Donald Trumps Präsidentschaftswahlsieg als Influencerin auf Youtube die politische Bühne betrat, wie ein Gottesgeschenk: eine schwarze Frau, die gegen Feminismus und Antirassismus vom Leder zog.

Sie nannte Black-Lives-Matter-Demonstranten »einen Haufen weinerlicher Kleinkinder, die so tun, als seien sie unterdrückt, um Aufmerksamkeit zu bekommen«, die »Me too«-Bewegung fand sie schlicht »dumm«, den Klimawandel hielt sie für Betrug, und Beratungsstellen für Familienplanung führten ihrer Meinung nach dazu, dass sich schwarze US-Bürger durch Abtreibungen »selbst auslöschen«. Auf Trump ließ sie hingegen nichts kommen: »Die Linken hassen Amerika, Trump liebt Amerika.«

Schnell wurde sie als Influencerin für die Republikaner rekrutiert. 2017 heuerte Turning Point USA sie an, eine finanzstarke Organisation zur Förderung konservativer Aktivisten an Highschools und Universitäten. Donald Trump und der Rapper Kanye »Ye« West gaben sich als Fans zu erkennen, die Washington Post nannte Owens »das neue Gesicht des schwarzen Konservatismus«. Auf Youtube folgen ihr derzeit 3,1 Millionen, auf X (früher Twitter) und Instagram jeweils knapp fünf Millionen Accounts.

Als Kanye »Ye« West mit wirren antisemitischen Äußerungen Schlagzeiten machte, verteidigte ihn die rechte Influencerin Owens.

Noch 2015 war Owens keineswegs Republikanerin, sondern zog auf ihrem Blog über die »durchgeknallte« konservative Tea-Party-Bewegung her. Zwei Jahre später begann sie, für die Repu­blikaner junge und nichtweiße Wähler zu umwerben. Schon vor Trumps erstem Wahlsieg 2016 wurde bei den Republikaner darüber diskutiert, ob die Partei sich an die demographischen Veränderungen der US-Gesellschaft anpassen müsse. Weiße Konservative, seit den sechziger Jahren die verlässliche Wählerbasis der Republikaner, würden langfristig zu einer Minderheit, argumentierten einige. Wolle die Partei weiter Wahlen gewinnen, müsse sie sich deshalb mehr für Latinos, Afroamerikaner, liberalere und nichtchristliche Wähler öffnen.

Trump gewann nun aber die Wahl, gerade weil er die Untergangsängste seiner mehrheitlich älteren, konservativ-christlichen und weißen Wähler befeuerte, die unter Barack Obama das Gefühl hatten, »ihr Land zu verlieren«, wie es oft ausgedrückt wurde. Dennoch schnitt Trump 2020 bei nichtweißen Wählern besser ab als frühere republikanische Präsidentschaftskandidaten.

Trump gewinnt Unterstützung bei Nichtweißen

Auch aktuelle Umfragen zeigen, dass Trump derzeit gerade bei nichtweißen Wählern an Unterstützung gewinnt, vor allem bei Männern. Selbst bei schwarzen Wählern, die 2020 noch zu über 90 Prozent gegen Trump gestimmt hatten, lag er Anfang des Jahres in verschiedenen Umfragen zwischen 14 und 30 Prozent – das wäre ein höherer Stimmenanteil bei Schwarzen, als ihn jeder andere republikanische Präsidentschaftskandidat seit 1960 erreicht hat.

Zum Teil könnte das ein Verdienst von Candace Owens sein. Denn sie entwickelte einen geradezu messianischen Eifer bei ihrer Aufgabe, schwarze Wähler für die Republikaner zu gewinnen. 2018 gründete sie zu diesem Zweck die Organisation Blexit. Der Name steht für den »Black Exit« aus den Fängen der demokratischen Partei.

Zu einem großen Teil richtete sie sich damit, mit den »Kernwerten Freiheit, Familie und Glaube«, an konservative Christen. Owens verwendete klassisch republikanische Argumente, beispielsweise indem sie behauptete, »sozialistische Politik und der Wohlfahrtsstaat« seien für die soziale Misere und Armut vieler Schwarzer verantwortlich, während Trump »arme Menschen reicher machen« wolle.

Dazu kam ein aggressiver Populismus à la Trump: Die Demokraten, das waren ihr zufolge die arroganten liberalen Eliten, die die Stimmen von Schwarzen auf überhebliche Weise für sich beanspruchten. Diese müssten sich von ihren geistigen Fesseln befreien und von der »demokratischen Plantage fliehen«, wie es im Untertitel ihres 2020 veröffentlichten Buchs »Blackout« heißt. Trump zu wählen, wäre somit die ultimative Rebellion gegen das politische Establishment und die »Eliten«.

»Etwas sehr Finsteres geht vor sich«

Das weckte die Aufmerksamkeit des Rap-Stars Kanye »Ye« West, der schon seit Jahren damit kokettierte, Trump zu unterstützen, und antisemitische Verschwörungstheorien verbreitete. 2022 zeigten sich West und Owens bei einer Modeshow in Paris gemeinsam mit Pullovern, die die Aufschrift »White Lives Matter« trugen, einem Slogan, den lange nur weiße Rassisten verwendeten. Als West kurz darauf erneut mit wirren antisemitischen Äußerungen Schlagzeiten machte, verteidigte ihn Owens.

Antisemitismus war dann auch der Grund, warum Owens’ Karriere als republikanische Influencerin jetzt einen Knick bekam. Seit 2021 hatte sie eine wöchentliche Online-Sendung bei The Daily Wire, einem der einflussreichsten konservativen Online-Medien der USA, das der politische Kommentator Ben Shapiro mitgegründet hatte. Dieser ist jüdisch und tritt für eine klar proisraelische Politik ein – im konservativen Lager der USA eigentlich eine unumstrittene Haltung.

Nach dem Angriff der Hamas und dem Beginn des Kriegs im Gaza-Streifen bezog Owens jedoch Position gegen Israel. Anfang November schrieb sie auf X: »Keine Regierung, egal wo, hat das Recht, einen Genozid zu verüben.« Als Shapiro sie für ihre »infamen« Äußerungen über den Konflikt kritisierte, antwortete sie mit einem Vers aus dem Matthäus-Evangelium, dass niemand Gott und Mammon gleichzeitig dienen könne. Schließlich empörte sie sich, dass Shapiro ihr verbieten wolle, Bibelverse zu zitieren, was Owens’ Einlassungen in der auf X ausgetragenen Schlammschlacht einen noch deutlicher antisemitischen Unterton verlieh. Als Owens am 22. März schließlich von The Daily Wire gefeuert wurde, verbreitete sie auf X den Slogan »Christ Is King!«, den Rechtsextreme verwenden, um auszudrücken, dass der US-Nationalismus christlich und eben nicht jüdisch zu sein habe.

Dem vorangegangen waren weitere antisemitische Äußerungen. Anfang März hatte sie in ihrer Show von einer jüdischen »Ring« in Hollywood, aber auch in Washington, D.C., gesprochen, dessen Mitglieder »die Tatsache nutzen, dass sie jüdisch sind, um sich vor jeder Kritik zu schützen«, obwohl »etwas sehr Finsteres vor sich geht«. Mitte März warnte sie, bei einem Verbot von Tiktok müsse bei jungen Nutzern der Eindruck entstehen, dass dies geschehe, um die auf der App weitverbreitete Kritik an Israel zu unterdrücken.

Begeistert von Owens’ Entwicklung zeigte sich der Neonazi Nick Fuentes. »Sie führt einen regelrechten Krieg gegen die Juden«, feierte er sie in seiner Online-Sendung, wenige Tage bevor Owens gefeuert wurde. Fuentes versucht seit Jahren, den offen rechtsextremen Teil der Trump-Anhänger auf seinen christlich-faschistischen und antisemitischen Kurs einzuschwören. 2022 begleitete er Kan­ye West zu einem Abendessen mit Donald Trump in dessen Residenz in Florida, wo sie sich freundlich unterhalten haben sollen. (Trump behauptete später, dass er nicht gewusst habe, um wen es sich bei Fuentes handelt.)

Owens brachte den rechten Isolationismus auf die Formel: »F**k Ukraine«

Dieser Rechtsextremismus geht mit einer klaren Ablehnung des liberalen Internationalismus in der Außenpolitik einher: »America First« ist der Slogan dieses rechten Isolationismus. Candace Owens brachte das im vergangen Jahr auf die Formel: »F**k Ukraine«, die Probleme der US-Bürger müssten an erster Stelle stehen. Eher neu, und bei Trump-Anhängern bislang noch eine Randposition, ist allerdings, dass sich eine solche Rhetorik bei Owens auch gegen Israel richtet.

Vor einigen Wochen las Owens in einer ihrer Sendungen begeistert eine »unglaubliche« Rede des ehemaligen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi vor.

Vor einigen Wochen las Owens in einer ihrer letzten Sendungen bei The Daily Wire begeistert eine »unglaubliche« Rede des ehemaligen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi vor. In dieser spekulierte Gaddafi unter anderem darüber, dass John F. Kennedy ermordet worden sei, weil er das israelische Nuklearprogramm habe untersuchen wollen. Dann warf Owens der israelischen Regierung und Juden in den USA vor, sie würden Antisemitismus als Waffe einsetzen, um Debatten »zu kontrollieren«. Die »Neocon-Klasse«, also die Neokonservativen in den USA, würden auf Geheiß der israelischen Regierung Gesetze gegen BDS unterstützen und damit das Recht auf Redefreiheit abschaffen wollen.

Auch wenn Owens ihre wöchentliche Sendung jetzt verloren hat, ist sie keineswegs aus der Öffentlichkeit verschwunden. Allein auf X, das ohnehin immer mehr zu einer Plattform für Rechtsextreme und Antisemiten geworden ist, folgen ihr um die fünf Millionen Accounts. Stolz beschreibt sie sich dort als »die erste Person, gegen die eine weltweite Verleumdungskampa­gne gescheitert ist«.