Die Türkei bombardiert verstärkt die kurdischen Gebiete Nordsyriens

Angst davor, vergessen zu werden

In Nordsyrien verstärkt die Türkei ihre übliche Bombardierung, auch weitere Mächte intensivieren ihre Aktivitäten. Die Spannungen in der Region nehmen zu.

Die Diskrepanz war kaum zu übersehen: Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan angesichts der israelischen Luftangriffe gegen die Hamas in Gaza von einem »Genozid« sprach und sagte, die Hamas sei »keine Terrororganisation«, sondern eine »Befreiungsbewegung«, geht die Türkei mit unerbittlicher Härte gegen die kurdischen Strukturen in Nordsyrien, bekannt als Rojava, vor. In einer wütenden Rede vor Vertretern seiner islamisch-konservativen Partei AKP – selbige saßen da selbstredend nur zum Klatschen, eigentlicher Adressat war das Fernsehpublikum – sagte Erdoğan, die Türkei werde »den Mitgliedern der Terrororganisation zeigen, dass wir jederzeit und an jedem Ort bereit sind, sie zu zerstören«. Auch die Mittel dazu gab Erdoğan an: »Mit Operationen aus der Luft, mit Artillerieeinheiten und, falls notwendig, mit Landstreitkräften.«

Die Auswirkungen sind kurdischen Angaben zufolge verheerend. Allein zwischen dem 5. und 8. Oktober wurden demnach über 200 Angriffe mit Artillerie, Drohnen und Kampfflugzeugen gezählt, bei denen mindestens 17 Menschen ums Leben kamen, darunter zwei Kinder. Posten der prokurdischen Miliz Demokratische Kräfte Syriens (Hêzên Sûriya Demokratîk, SDF) und der syrischen Armee wurden getroffen, in größerem Umfang jedoch Ziele der zivilen Infrastruktur: Wasser- und Stromversorgungsanlagen, Getreidesilos, Fabriken, Ölanlagen, Schulen und ein Krankenhaus.

Die SDF sind eine Allianz, an der neben kurdischen Milizen auch linke arabische Gruppen sowie assyrische und armenische Christen beteiligt sind. Dominiert werden sie von den Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG) der in Rojava regierenden Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD). Bei dieser wiederum handelt es sich um den syrischen Ableger der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK).

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