Wie Adorno das »Endspiel« von Samuel Beckett verstand

Das Endspiel, das kein Endspiel ist

Am Sonntag versammeln sich die Fans, um im Olympiastadion, daheim oder beim Public Viewing das Finale der Fußball-Europameisterschaft der Männer zu schauen. Ausgang ungewiss? Von wegen. Es geht um Kapitalismus, um Ideologie und ums Weitermachen.
Essay

Als Theodor W. Adorno 1961 seinen »Versuch, das ›Endspiel‹ zu verstehen« schrieb, hatte die Sowjetunion gerade das erste Endspiel einer Fußball-Europameisterschaft gewonnen. Die sowjetische Elf, von der heute den meisten wohl allenfalls noch die Torwartlegende Lew Jaschin ein Begriff ist, spielte 1960 gegen die Mannschaft aus Jugoslawien und bezwang sie vor nicht einmal 18.000 Zuschauern, die sich im Pariser Prinzenpark eingefunden hatten, mit 2:1 in der Verlängerung.

Die zeitliche Nähe der beiden Ereignisse erscheint zufällig. Denn sicher hatte Adorno keinen Fußball im Sinn. In seinem Essay ging es vielmehr um Samuel Becketts »Endspiel«, das 1957 uraufgeführt wurde und bis heute vielleicht das bedeutendste Theaterstück ist, das Ernst damit macht, die Dinge wirklich zu Ende zu bringen: das Drama, die Form und wohl irgendwie auch den bitteren Ernst der Geschichte.

Lew Jaschin, 1960

Lew Jaschin, 1960

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