Das Pogrom im Scheunenviertel und die Vorgeschichte
Die Haltung führender Sozialdemokraten zu den »Ostjuden«
Warum sich die Gedächtnisprotokolle der Opfer zum Scheunenviertelpogrom vom 5. und 6. November 1923 statt in den Gerichtsakten im Privatnachlass Carl Severings (1875–1952), des damaligen preußischen Innenministers, befinden, ist nicht bekannt. Die darin geschilderten Vorgänge beeinflussten seine Arbeit jedoch offensichtlich nicht. Trude Maurer berichtet in ihrer Dissertation »Ostjuden in Deutschland 1918–1933« davon, dass am Abend des 5. Novembers ein Journalist der Zeitung Welt am Montag, vermutlich der jüdische Dichter Salomon Dembitzer, bei Severing anrief und ihn telefonisch vom Stand der Dinge unterrichtete. Anscheinend war der Innenminister bis zu diesem Zeitpunkt – die Ausschreitungen tobten seit dem Mittag – nicht von den Vorgängen im Scheunenviertel in Kenntnis gesetzt worden. Severing versprach dem Anrufer sofortige energische Maßnahmen. Erst danach, »binnen noch nicht einer Stunde«, habe die Polizei rasch und ohne Zwischenfälle die Straßen geräumt.
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