Geschichte als Grabbelkiste
»Ich kenne da kein Tabu«, bekräftigte der neue Innenminister Bruno Retailleau (Les Républicains) am 29. September in einem Interview beim Nachrichtensender La Chaîne info (LCI). Er forderte, das französisch-algerische Abkommen von 1968 zu überarbeiten, das die Bedingungen für den Zuzug algerischer Staatsbürger nach Frankreich regelt.
Retailleau bezeichnet es als »unausgewogen, sehr vorteilhaft für Algerien, jedoch nachteilig für Frankreich«. Diese Aussage suggeriert, dass es zu viele Einwanderer, insbesondere zu viele Algerier, in Frankreich gebe.
Mit mehreren Hunderttausend Staatsangehörigen stellen die Algerier die größte Gruppe von Ausländern in Frankreich dar und werden zum Gegenstand rechter Stigmatisierung.
Mit mehreren Hunderttausend Staatsangehörigen stellen die Algerier die größte Gruppe von Ausländern in Frankreich dar, hinzu kommen die zahlreichen Franzosen mit algerischen Vorfahren. Das Abkommen sollte algerischen Arbeitskräften den Zugang zum französischen Arbeitsmarkt erleichtern, was damals auch im Interesse der französischen Arbeitgeber und des algerischen Regimes war. Die regelmäßigen Angriffe auf dieses Abkommen, das seither immer wieder abgeändert wurde, sind Teil der rassistischen Kampagnen jener, die rechts und extrem rechts die Anwesenheit der Algerier und ihrer Kinder in Frankreich in Frage stellen wollen. Es scheint, als hätten sie die Unabhängigkeit Algeriens von 1962 immer noch nicht verdaut.
In Algerien sieht man dies auch als Angriff auf das 1962 zwischen Frankreich und der algerischen Nationalen Befreiungsfront (FLN) geschlossene Abkommen von Évian, mit dem Frankreich die Unabhängigkeit Algeriens anerkannte und den Grundlagen zukünftiger Zusammenarbeit zustimmte, unter anderem einer grundsätzlichen Freizügigkeit zwischen beiden Ländern.
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