Sulu Martini vom About Blank über die finanziellen Probleme des Clubs

»Das Feierverhalten hat sich verändert«

Der Berliner Technoclub »About Blank« wirbt mit der Kampagne »://aboutblank bleibt Risikokapital« um finanzielle Unterstützung, um die Schließung des Clubs zu verhindern. Die »Jungle World« sprach mit Sulu Martini, Pressesprecher des Betreiber:innenkollektivs, über die Gründe der Misere.

Wie ist die gegenwärtige Situation des About Blank?
Im Grunde arbeiten wir seit der Wiederaufnahme des Betriebs nach der Pause aufgrund der Coronapandemie nicht mehr kostendeckend. Dieser Bruch, den eigentlich das gesamte Nachtleben in Berlin erlebt hat, ist auch an uns nicht vorbeigegangen. Zur Pandemie kommen die Krisen hinzu, die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst wurden, wie die Energiekrise und stark gestiegene Lebenshaltungskosten. Aber auch die Klimakata­strophe sorgt dafür, dass ein Feiertourismus, wie er vor der Pandemie möglich war, erschwert wird. Alle Leute haben weniger im Portemonnaie, aber alles kostet mehr.

Wie zeigt sich das im Cluballtag?
Das Feierverhalten hat sich verändert. Für viele Menschen ist es nicht mehr erschwinglich, das ganze Wochenende unterwegs zu sein und durch die Clubs zu tingeln, weil die Preise überall angezogen haben. Diesen Widerspruch hat auch die Schließung des Mensch Meier vergangenes Jahr offengelegt. Die haben sich gesagt: Wir wollen keinen Club betreiben, den sich unsere eigenen Angestellten nicht mehr leisten können. In dieser Wirklichkeit ist die Clubkultur angekommen. Als nicht geförderte Kulturform, die sich alles selbst erwirtschaften muss, steht sie besonders unter Druck.

Wie wahrscheinlich ist es, dass das About Blank schließen muss?
Das ist auf jeden Fall etwas, was wir nicht ausschließen können. Also wollen wir zumindest denjenigen, die bereit sind, uns zu unterstützen, die Möglichkeit geben, dass eine Fortführung nicht an ­ihnen oder am guten Willen, den Laden zu retten, scheitert. Deswegen haben wir unsere Aktion – auch ein bisschen augenzwinkernd – »Risikokapital« genannt. Wir können nichts versprechen, außer dass wir alles geben werden.

»Der 7. Oktober war insofern eine Zäsur, als dass viele Forderungen von BDS, die noch vor einem Jahr undenkbar ge­wesen wären, nun von erheblichen Teilen der Linken akzeptiert werden.«

Wie könnte man die Lage der Clubs verbessern?
Im Moment sieht man, dass dort, wo die Clubkultur existiert, Investoren mit viel Geld im Hintergrund sind, die sie am Leben erhalten. Das kommt für uns aber nicht in Frage. Es bräuchte andere Formen der Vergesellschaftung und eine breitere Solidarisierung, da viele Branchen von den gleichen Problemen betroffen sind. Von Solidarität untereinander ist aber wenig zu spüren; statt gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, hat sich eher eine Ellbogenkultur entwickelt. Es wäre außerdem wichtig, in den Diskurs zu treten über die Frage, inwiefern Clubkultur sich dem Markt entziehen und gesellschaftliche Zuwendungen wie andere Kulturorte bekommen sollte.

Ihr positioniert euch als Club gegen jede Form des Antisemitismus, weswegen es in der Vergangenheit offizielle Boykottaufrufe von der BDS-Kampagne »für den akademischen und ­kulturellen Boykott Israels« gegen euch gab. Spielt dieses Thema gerade auch seit dem 7. Oktober für eure wirtschaftliche Lage eine Rolle?
Ja, auf jeden Fall. Die BDS-Bewegung hat in den vergangenen fünf oder sechs Jahren stark an Einfluss gewonnen. Sie kann Veranstaltungsorte wie das About Blank unter Druck setzen, dafür sorgen, dass Diffamierungen, Lügen und Falschbehauptungen zirkulieren und dass viele Leute nicht mehr bei uns feiern oder auf­legen.
Das ist in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage natürlich nicht hilfreich. Der 7. Oktober war insofern eine Zäsur, als dass viele Forderungen von BDS, die noch vor einem Jahr undenkbar ge­wesen wären, nun von erheblichen Teilen der Linken akzeptiert werden. Trotzdem würden wir an unserer Kritik des Antisemitismus auch innerhalb linker und subkultureller Strukturen festhalten, auch wenn uns das – wirtschaftlich gesehen – vermutlich weiter Schaden zufügt.

Zur Kampagne des About Blank: https://aboutblank.li/risikokapital