Homestory #15/24
Schönes Podium plant ihr da, wäre doch schade, wenn es jemand stören würde – eine in einem solchen Schutzgelderpresser-Stil geschriebene E-Mail erreichte die Redaktion vergangene Woche. Provoziert hatte die Absender die Veranstaltung »About Antisemitismus – A Lack of Empathy?« im Berliner Club About Blank am Donnerstag voriger Woche, bei der Daniel-Ryan Spaulding, Ronya Othmann, Nicholas Potter, Dima Bilyarchyk und Anastasia Tikhomirova über Antisemitismus in Kulturbetrieb und Clubszene diskutierten.
»Wir machen uns Sorgen, dass die Frustration darüber, dass euer Podium keine jüdischen Stimmen ohne zionistisches Glaubenssystem miteinschließt, unweigerlich dazu führen wird, dass man eure Diskussion stören wird«, schrieben die rührend besorgten Verfasser. Um das zu vermeiden, solle man doch bitte »israelkritische« Personen mit auf die Bühne setzen. Absender war eine anonyme Meme-Seite auf Instagram, die seit Wochen Stimmung gegen die Veranstaltung gemacht hatte und dabei unsere Gäste teilweise übel, auch homophob, beleidigte.
»All die Zionisten sind jetzt in diesem Club«, sagte eine Demonstrantin mit Abscheu in der Stimme in einem auf Instagram veröffentlichten Video.
Solchen Leuten sollte man niemals nachgeben und so landete die Mail im Papierkorb. Vorbei kamen sie dennoch: Während sich das About Blank füllte, versammelte sich auf der anderen Straßenseite eine kleine Gruppe Demonstranten, um mit beeindruckender Ausdauer antiisraelische Slogans zu rufen. »All die Zionisten sind jetzt in diesem Club«, sagte eine Demonstrantin mit Abscheu in der Stimme in einem auf Instagram veröffentlichten Video.
Es handelte sich um das übliche Grüppchen israelfeindlicher Aktivisten, das mit ihrer emsigen Protesttätigkeit den Eindruck erweckt, wie es der Tagesspiegel einmal formulierte, »als existiere in Berlin eine riesige israelfeindliche Bewegung, die mit unfairen Mitteln Veranstaltungen sabotiert, Andersdenkenden das Wort abschneidet, den demokratischen Diskurs vergiftet und Mitmenschen wüst beleidigt«. So sprengten sie im Februar eine Podiumsdiskussion der Berliner Humboldt-Universität mit der israelischen Richterin Daphne Barak-Erez, indem sie so lange Parolen riefen, bis die Veranstaltung abgebrochen werden musste.
Der Jungle World bleibt nach dem erfolgreichen Abend nur, ihren Gästen für einen interessanten und trotz des Themas sehr witzigen Abend zu danken. Und den Zuhörern, die so zahlreich erschienen, dass leider nicht alle Platz finden konnten.
Besonderen Dank auch an Soma M. Assad, Fatma Keser und Peshraw Mohammed, die am darauffolgenden Tag in der Neuköllner Programmschänke Bajszel gemeinsam mit Herausgeber Vojin Saša Vukadinović den Sammelband »Siebter Oktober Dreiundzwanzig – Antizionismus und Identitätspolitik« ebenfalls vor vollem Haus vorstellten und unter anderem über den Zusammenhang von Antisemitismus und antikurdischem Rassismus referierten.