Julian Assange einigt sich mit der US-Regierung und kommt frei

Ikone der Querfront

Der Deal, der zur Freilassung Julian Assanges führte, nützt sowohl ihm selbst als auch der US-Regierung. Keine juristischen Folgen für Assange haben allerdings die Vergewaltigungsvorwürfe zweier Schwedinnen, die Gefährdung saudi-arabischer Homosexueller, afghanischer Angestellter der US-Truppen und zahlreicher anderer Menschen durch seine wahllose Veröffentlichungspraxis sowie die Zusammenarbeit von Wikileaks mit dem russischen Militärgeheimdienst GRU im US-Wahlkampf 2016.

Bei jedem bedeutenden politischen Deal gibt es Verlierer. Für Geschäftsleute etwa, die gerade einen größeren Posten »Free Assange«-T-Shirts bestellt haben, kommt die Einigung ungelegen, die es Julian Assange am Montag ermöglichte, das Gefängnis in Großbritannien zu verlassen und ein Flugzeug nach Australien zu besteigen.

Obwohl Julian Assange nie ein Geheimnis aus seinen rechtslibertären und reaktionären Ansichten machte, blieb er eine Ikone von Linken beziehungsweise Leuten, die sich dafür halten.

Die unmittelbar Beteiligten aber können zufrieden sein. Assange bekennt sich schuldig, 2010 mit der Veröffentlichung von geheimen US-Dokumenten gegen den Espionage Act verstoßen zu haben. Die US-Regierung hat somit sein Geständnis, kriminell gehandelt zu haben, und damit einen Präzedenzfall zur strafrechtlichen Verfolgung von whistleblowing, ohne sich mit einem unkalkulierbaren Prozess und einem prominenten, bei Linken wie Rechten populären Gefangenen herumärgern zu müssen. Die verhängte Strafe von 62 Monaten wird mit Assanges ebenso langer Haftzeit in Großbritannien verrechnet.

Keine juristischen Folgen für Assange haben die Vergewaltigungsvorwürfe zweier Schwedinnen (wegen Verjährung), die Gefährdung saudi-arabischer Homosexueller, afghanischer Angestellter der US-Truppen und zahlreicher anderer Menschen durch seine wahllose Veröffentlichungspraxis (den Betroffenen fehlen Klagemöglichkeiten) und die Zusammenarbeit von Wikileaks mit dem russischen Militärgeheimdienst GRU im US-Wahlkampf 2016 bei der Diskreditierung der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton (mutmaßlich fehlt es an Beweisen für seine Beteiligung).

Zunächst von Rechten überwiegend noch als Staatsfeind geschmäht, wurde Assange mit dem Aufstieg Donald Trumps zum Helden für viele Kritiker eines angeblich von einer verschworenen Elite regierten deep state. Obwohl er nie ein Geheimnis aus seinen rechtslibertären und reaktionären Ansichten machte, blieb er eine Ikone von Linken beziehungsweise Leuten, die sich dafür halten. Der glänzenden Karriere als Influencer einer globalen Querfront steht nun nichts mehr im Wege.