Bleiben oder nicht

Die Bundesregierung will Abschiebungen erleichtern

Ein neuer Diskussionsentwurf des Bundesinnenministeriums zeigt, dass es der Bundesregierung beim Asyl vor allem um die Verwertbarkeit der Antragssteller geht.
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Auf dem Weg zu einer noch menschenfeindlicheren Asylpolitik ist die Ampelkoalition mal wieder dabei, sich selbst zu übertreffen. In einem Anfang August vom Bundesministerium des Innern und für Heimat veröffentlichten »Diskussionsentwurf« wird eine Vielzahl von Gesetzesänderungen vorgeschlagen, die Abschiebungen von Ausländern erleichtern beziehungsweise, wie es euphemistisch im Regierungssprech heißt, »zur Verbesserung der Rückführung« beitragen sollen.

Unter anderem soll Abschiebehaft »unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich« sein und die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll von zehn auf 28 Tage erhöht werden. Zudem sollen Widersprüche und Klagen gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Dem von Nancy Faeser (SPD) geführten Ministerium zufolge gehen diese Vorschläge auf eine Besprechung des Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungsoberhäuptern der Bundesländer Anfang Mai zurück, in der vereinbart worden sei, »dass gesetzliche Regelungen, die Abschiebungsmaßnahmen verhindern oder zumindest erschweren, angepasst werden sollen«.

Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP 2021 vereinbart: »Nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Der Bund wird die Länder bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen.« Denn für Abschiebungen sind die Bundesländer zuständig.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres sind mehr Menschen aus Deutschland abgeschoben worden als im Vorjahreszeitraum.

Tatsächlich sind im ersten Halbjahr dieses Jahres mehr Menschen aus Deutschland abgeschoben worden als im Vorjahreszeitraum. Einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei zufolge haben die Bundesländer von Januar bis Juni 7.861 Menschen abgeschoben. Das sind knapp 27 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum; insgesamt wurden im vergangenen Jahr 12.945 Menschen aus der Bundesrepublik abgeschoben.

Zudem ist auch die Zahl derer gestiegen, die nach offiziellen Angaben »freiwillig« in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt sind. Mit Bundesfördergeldern reisten 4.892 Menschen aus, 2.309 Menschen mit Geldern von Ländern und Kommunen. Die Bundesrepublik betreibt mittlerweile mehrere Programme zur »freiwilligen Rückkehr«, die über die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge betriebene Website »Returning from Germany« beworben werden.

Im laufenden Jahr seien die meisten Abgeschobenen in die Herkunftsländer Georgien, Nordmazedonien, Albanien, Moldau und Serbien zurückgebracht worden, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Linkspartei. Am Stichtag 30. Juni lebten hierzulande demzufolge 279.098 ausreisepflichtige Menschen, wovon allerdings 224.768 eine Duldung besitzen. Die Zahl der Ausreisepflichtigen sei damit erstmals seit vielen Jahren gesunken.

Dass Faeser mit derartigen Vorstößen versucht, im hessischen Landtagswahlkampf, in dem sie Spitzenkandidatin der SPD ist, zu punkten, ist wohl nicht von der Hand zu weisen, aber doch nur die halbe Wahrheit.

Die Bundestagsabgeordnete und fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion der Linkspartei, Clara Bünger, machte in einer Pressemitteilung auf eine weitere von Bundesinnenministerin Faeser geplante Verschärfung der Abschiebungsgesetze aufmerksam: »Bislang müssen Abschiebungen noch einmal angekündigt werden, wenn eine Duldung länger als ein Jahr erteilt wurde und diese wegen einer bevorstehenden Abschiebung widerrufen werden soll.« Dies soll dem »Diskussionsentwurf« zufolge abgeschafft werden, um die Ausländerbehörden zu entlasten.

»Menschen ohne Vorankündigung aus ihrem Leben herauszureißen und abzuschieben, ist unmenschlich und unverantwortlich«, so Bünger. »Die Sozialdemokratin Nancy Faeser setzt offenbar alles daran, ihren Hardliner-Vorgänger Horst Seehofer in der Debatte um immer weitere Abschiebungsverschärfungen noch zu übertreffen.« Abschiebungen könnten grundsätzlich »kein Bestandteil einer humanen Asylpolitik sein«, so Bünger weiter, zudem verlasse die Bundesregierung mit der geplanten Neuregelung »die Grundprinzipien unseres Rechtsstaats«.

Dass Faeser mit derartigen Vorstößen versucht, im hessischen Landtagswahlkampf, in dem sie Spitzenkandidatin der SPD ist, zu punkten, ist wohl nicht von der Hand zu weisen, aber doch nur die halbe Wahrheit. Während mit verschiedenen Anwerbeprogrammen wirtschaftlich verwertbare Ausländer ins Land geholt werden sollen, um den »Fachkräftemangel« zu lindern, will die Bundesregierung unnütze Migranten schneller loswerden. Die zugrundeliegende Weltsicht ist mit keinem anderen Begriff zu fassen als »rassistisch«.