Die konservative griechische Regierung verschärft ihre Asylpolitik

Lagerkoller auf den Inseln

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Jahrzehnte vergingen, bis die Integration gelang. Pontier aus der Schwarzmeerregion um Trabzon siedelten in Mazedonien. Sie verwandelten das ­ihnen zugewiesene, euphemistisch Kalamaria (gute Seite) genannte Sumpf­loch bei Thessaloniki in einen der mittlerweile teuersten Vororte. Geflüchtete aus dem ehemaligen Artaki gründeten in den Sumpfgebieten nahe Chalkida auf Euböa die Kleinstadt Nea ­Artaki. Sie brachten den Alteingesessenen die Zubereitung von kulinarischen Spezialitäten wie Meeresfrüchten bei. Sardellen und Meeresfrüchte retteten die Bewohnerinnen und Bewohner von Euböa während der deutschen Besatzung vor dem Hungertod. Die Bereicherung einer Gesellschaft durch eine gelungene Integration von Geflüchteten findet auch in der mündlich weitergegebenen Geschichte vieler griechischer Familien ihren Niederschlag.

Heutzutage jedoch blockieren »besorgte Bürger« in Mazedonien und Nordgriechenland Busse mit Asylsuchenden. Sie wollen verhindern, dass diese in ihren Wohnorten angesiedelt werden. Auf Inseln wie Lesbos, Chios und Leros laufen Menschen Sturm gegen neue Lager. Vor den Zäunen der bereits existierenden Lager veranstalten »patriotische Gruppen« im Freien Grillfeste, bei denen reichlich Schweinefleisch verzehrt wird und der Alkohol in Strömen fließt. Sie wollen damit die ihnen verhassten Muslime provozieren. Dies geschieht ironischerweise an den Orten, die 2015 wegen ihrer vorbildlichen Aufnahme von Geflüchteten darauf hofften, den Friedensnobelpreis zu erhalten.