Der Anschlag des »­Islamischen Staats« im iranischen Kerman

IS versus Mullahs

Der »Islamische Staat Provinz Khorasan« hat ein Attentat in der südiranischen Stadt Kerman mit mindestens 91 Toten für sich reklamiert.
Kommentar Von

Mit einem mörderischen Doppelschlag hat sich der »Islamische Staat Provinz Khorasan« (ISKP), der afghanische Ableger der sunnitischen Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS), im neuen Jahr zurückgemeldet. Zwei Suizidattentäter sprengten sich im Abstand von 15 Minuten in der südiranischen Stadt Kerman in die Luft und töteten mindestens 91 Menschen, die sich zum Gedenken an Qasem Soleimani nahe dem Märtyrerfriedhof, wo sich dessen Grab befindet, versammelt hatten.

Soleimani war de facto die Nummer zwei in der Islamischen Republik Iran, der Kommandeur der al-Quds-Brigade der iranischen Revolutionsgarden, den genau vier Jahre zuvor eine US-amerikanische Drohne am Flughafen von Bagdad getötet hatte. Am Abend nach dem Anschlag kehrten Menschenmengen zum Friedhof zurück und riefen »Tod Israel« und »Tod Amerika«.

Den iranischen Behörden und Würdenträgern gilt der IS, der auch als ISIS bezeichnet wird, als Produkt Israels und der USA. »Die USA und Israel waren die Haupttäter, und sie zahlten ISIS Geld, um die Verantwortung zu übernehmen«, sagte beispielsweise Ahmad Alamolhoda, einer der einflussreichsten Kleriker im Iran und ein enger Vertrauter des Obersten Führers Ali Khamenei, zwei Tage nach dem Terroranschlag in Mashhad. Am selben Tag sagte der Oberkommandierende der Revolutionsgarden, Hossein Salami, nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Mehr News: »IS ist ein Produkt der USA«, habe »keinen Platz in der islamischen Welt« und befolge »Befehle aus den USA und Israel«.

Dee Angriff auf die Soleimani-Unterstützer in Kerman findet im Kontext des Kriegs Israels gegen die Hamas statt.

Das hat natürlich nichts mit der Realität zu tun. Der IS blickt auf einen langen Konflikt mit Soleimani zurück. Als Kommandeur der al-Quds-Brigade war er mit der iranischen Unterstützung des Regimes von Bashar al-Assad im syrischen Bürgerkrieg seit etwa 2013 befasst, was die Koordinierung einer Armee von schiitischen Milizen beinhaltete. Zudem führte er einen Feldzug gegen den IS im Irak mit den dortigen schiitischen Milizen, unter anderem bis zur Rückeroberung von Mossul vom IS im Sommer 2017. Seither fanden terroristische sunnitische Attacken im schiitischen Iran statt, wie ein vom ISPK für sich reklamierter Angriff Bewaffneter auf eine Militärparade in der südwestlichen Stadt Ahvaz im September 2018 oder ein vom IS reklamierter Angriff auf einen Schrein in Shiraz im Oktober 2022.

Der Angriff auf die Soleimani-Unterstützer in Kerman aber findet im Kontext des Kriegs Israels gegen die Hamas statt. In einer am Tag nach dem Anschlag im Internet veröffentlichten Audiobotschaft sagt ein Sprecher des IS, die vom Iran organisierte sogenannte Achse des Widerstands, die neben der Hamas die libanesische Hizbollah, die jemenitischen Houthi und schiitische Milizen in Syrien und im Irak umfasst, sei in Wirklichkeit »eine imaginäre Achse«, und »der Iran hat sie im Dienste seiner Projekte geschaffen, und das erste und einzige Ziel besteht darin, alle palästinensischen Fraktionen als Stellvertreter des Iran einzubeziehen, und nicht andersherum«.

Die Expansion des schiitischen Regimes im Iran sei eine Gefahr für den Islam und die Muslime weltweit, zitiert die FAZ aus der Audiobotschaft. Im Übrigen, so der IS-Sprecher, seien die palästinensischen Militanten inklusive der Hamas zu nationalistisch und sollten, um siegreich zu sein, die Errichtung eines islamischen Staats anstreben. Die Anhänger des IS weltweit sollten Terrorakte zur Unterstützung der Palästinenser begehen.