Mirjana Jandik, Redakteurin des Magazins »Ila«, im Gespräch über finanzielle Probleme bei dem Blatt

»Ein digitales Archiv zu linken Bewegungen in Lateinamerika aufbauen«

Bereits seit fast 50 Jahren berichtet die Informationsstelle Lateinamerika e. V. (Ila) in der vom Verein herausgegebenen Zeitschrift Ila aus einer bewegungsnahen, globalisierungskritischen Perspektive über die politischen Entwicklungen in Lateinamerika. Derzeit steht sie vor finanziellen Problemen. Die »Jungle World« sprach mit der Redakteurin Mirjana Jandik darüber.
Small Talk Von

Wie sieht die finanzielle Situation derzeit aus?
Die ist sehr prekär. In den achtziger Jahren hatte die Ila noch eine Auflage von 2.000. Die ist über die letzten Jahre hinweg kontinuierlich gesunken. So sind wir nun immer öfter in einer Situation, dass wir zu Monatsmitte feststellen müssen: Da ist kein Geld, mit dem wir die Gehälter unserer zwei Festangestellten bezahlen könnten.

Wie wollen Sie dem begegnen?
Wenn wir unsere Arbeit langfristig finanzieren wollen, dann helfen uns vor allen Dingen Abos, denn diese bedeuten ein regelmäßiges Einkommen. Unser Ziel sind 200 neue Abos, wovon wir schon 50 erzielt haben. Im Rahmen unserer aktuellen Finanzierungskampagne bitten wir auch um Spendengelder. Unser Ziel sind 20.000 Euro. Davon haben wir schon über die Hälfte erreicht – ausgenommen sind unsere Dauer­spender:innen, die neben den Abos unser zweites Standbein darstellen.

»Gegründet wurde die Ila 1975 zu Zeiten des zweiten Russell-Tribunals zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Lateinamerika während der Militärdiktaturen. Damals wurde klar, dass auch deutsche Unternehmen, zum Beispiel Waffenkonzerne, von den Militärdiktaturen profitierten.«

Gibt es konkrete Projekte, die Sie mit den zusätzlichen Abonnements und Spenden finanzieren wollen?
Unsere Website, die man auf dem Handy kaum mehr lesen kann, wollen wir gerne neu aufziehen lassen. Wir bekommen ganz viele tolle Artikel auf Spanisch oder Portugiesisch, die wir üblicherweise ins Deutsche übersetzen. Die Vision ist, die Website der Ila mehrsprachig zu gestalten, was vor allem für die vielen Leute in der Diaspora in Deutschland den Zugang erleichtern würde. Im Zuge dessen wollen wir alle Artikel, die die Ila jemals veröffentlicht hat, digitalisieren und damit ein digitales Bewegungsarchiv zu linken Solidaritätsbewegungen in Lateinamerika aufbauen.

Gibt es besondere inhaltliche Schwerpunkte, denen Sie im nächsten Jahr Beachtung schenken wollen?
Unsere kommenden Schwerpunktthemen sind Karneval, Reproduktionstechnologien, Eliten, Energiekolonialismus, Arbeitskämpfe und Deutsche in Lateinamerika. Was Anfang des Jahres außerdem wichtig wird und worüber wir ausführlich berichten werden, das sind zwei große Jubiläen für die internationale Linke. Zum einen 30 Jahre zapatistischer Aufstand in Chiapas in Mexiko, der sich am 1. Januar jährt, und zum anderen 40 Jahre Arbeitsbrigaden zur Unterstützung der Revolution in Nicaragua.

In welchem Kontext entstand die Ila überhaupt?
Gegründet wurde die Ila 1975 als Politgruppe zu Zeiten des zweiten Russell-Tribunals zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Lateinamerika während der Militärdiktaturen. Damals wurde klar, dass auch deutsche Unternehmen, zum Beispiel Waffenkonzerne, von den Militärdiktaturen profitierten. Das Hauptanliegen der Ila war es, diese Verflechtungen sichtbar zu machen – es brauchte ein Publikationsorgan. So erschien im November 1976 die erste Ila-Info. Im Laufe der Zeit hat sich daraus eine regelmäßige Monatszeitschrift entwickelt (die seit 1988 nur noch den Namen Ila trägt, Anm. d. Red.).

Verpflichtet diese Entstehungsgeschichte?
Ja, sehr! Bis heute ist es unser Anspruch, den Fokus auf die Beteiligung deutscher Konzerne und Entwicklungspolitiken in Lateinamerika zu legen und die Geschichten derjenigen zu erzählen, die in tagesaktuellen Medien selten auftauchen, beispielsweise Gewerk­schaft­ler:innen, Frauengruppen und Indigene.