Luka Scott, Bündnis »Repression nicht zustellbar«, im Gespräch über die Klage der DHL gegen Klimaaktivist:innen

»Ein Urteil könnte dem Klimaaktivismus dienen«

Vor zwei Jahren blockierten rund 50 Klimaschützer:innen eine Zufahrtsstraße zum DHL-Logistikzentrum am Flughafen Leipzig. Ihre Forderung: auf den Ausbau des Frachtflughafens zu verzichten. DHL verklagte zunächst drei Personen auf insgesamt 84.000 Euro Schadenersatz, ließ die Schadensersatzforderungen dann jedoch fallen und bot einen Vergleich an. Die Angeklagten sollten demnach 80 Arbeitsstunden in einem Aufforstungs- oder Naturschutzbetrieb leisten oder ersatzweise 15 Euro pro Stunde zahlen und ­außerdem einen Teil der Prozesskosten tragen. Die Angeklagten lehnten den Vergleich ab. Bis Ende September können sich die ­Parteien noch auf einen Vergleich einigen, sonst will das Gericht Mitte Oktober ein Urteil fällen. Die »Jungle World« sprach mit Luka Scott, einer der verklagten Aktivist:innen, vom Bündnis »Repression nicht zustellbar«, das zur Unterstützung der Angeklagten ge­gründet wurde.
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Sie bezeichnen das Vorgehen von DHL als Einschüchterungsversuch. Warum?
Es ist für DHL von großem Interesse, Aktivist:innen einzuschüchtern, damit so was nicht nochmal passiert. DHL macht Milliardengewinne und ist auf Schadensersatz nicht angewiesen. Für uns wäre das unglaublich viel Geld gewesen. Spannend ist, dass DHL zunächst von einem 1,5-Millionen-Euro-Schaden gesprochen hatte und dass von blockierten Impfstofflieferungen die Rede war, was sich später als dreiste Lüge herausstellte. Mit den Vergleichsangeboten korrigiert DHL die Forderungen nun nach unten.

Nach Ihrer Auffassung betreibt DHL »Greenwashing«. Was meinen Sie damit?
Wenn DHL es mit Klimaschutz ernst meinte, würde der Konzern die Klagen fallen lassen und den geplanten Ausbau ihrer Frachtkapazitäten in Leipzig stoppen. Stattdessen vermarktet sich DHL im Rahmen der »Go Green«-Kampagne als umweltfreundlich und angeblich »klimaneutral«. Mit dem Vorgehen vor Gericht will DHL Aktivist:innen davon abhalten, auf diesen Widerspruch aufmerksam zu machen.

»Das einzig Richtige wäre, die Klage fallen­zulassen. Klar gehen wir ein Risiko ein, aber wir wollen unsere politischen Forderungen nicht verraten.«

Hat das Verfahren einen Einfluss auf die Klimagerechtigkeitsbewegung?
Ich kämpfe seit Jahren für Klimagerechtigkeit und habe den Eindruck, dass sich Repressionen gegen Aktivist:innen verschärft haben. Das Vorgehen von DHL ist Teil dieser Entwicklung. Auch von staatlicher Seite nehmen Repressionen zu, etwa gegen die Letzte Generation oder Ende Gelände. Dazu kommt, dass die öffentliche Debatte immer aggressiver gegen Klima­akti­vist:in­nen gerichtet ist. Das ist besorgnis­erregend.

Sie haben das erste Vergleichsangebot von DHL abgelehnt. Warum?
Wir wollten nicht beim ersten Vergleichsangebot klein beigeben und auch noch die Prozesskosten tragen, sondern klare Kante zu zeigen. Das einzig Richtige wäre, die Klage fallen­zulassen. Klar gehen wir ein Risiko ein, aber wir wollen unsere politischen Forderungen nicht verraten. Eine Entscheidung in diesem Prozess könnte außerdem eine große Signalwirkung für die Entwicklung des Versammlungsrechts haben, denn unsere Aktion wurde als Spontandemonstration angemeldet. Wenn es doch noch eine Einigung über einen Vergleich gibt, würde diese Streitfrage öffentlich nicht mehr diskutiert werden, der Konzern DHL behielte dann mit seiner Argumentation recht. Die Repression wirkt somit schon jetzt. Denn die hohe Streitsumme zwingt uns zu den Vergleichsverhandlungen, obwohl andernfalls ein Urteil gesprochen werden könnte, das dem Klimaaktivismus dienlich wäre.