Güner Balcı, Integrationsbeauftragte von Berlin-Neukölln, im Gespräch über Anfeindungen und ihr Bestreben, progressive Kräfte zu stärken

»Ich arbeite daran, progressive migrantische Kräfte zu stärken«

Die Probleme des Berliner Bezirks Neuköllns werden oft auf den hohen migrantischen Bevölkerungsanteil zurückgeführt. Güner Balcı, die Integrationsbeauftragte des Bezirks, wurde von nationalistischen Rechten und Islamisten angefeindet, jüngst aber auch in einem Video der Migrantifa Berlin heftig kritisiert.
Interview Von

Welche Sehenswürdigkeiten würden Sie jemandem empfehlen, der zum ersten Mal Neukölln besuchen will?
Ich bin Fan von Nordneukölln. Mit ­Kindern kann man auf das Tempelhofer Feld. Von dort kann man durch die kleinen Gassen runter in Richtung Karl-Marx-Straße laufen. Man kann sich den Richardkiez anschauen. Ich empfehle auch immer die Sonnenallee, weil sie etwas Besonderes ist. Wir haben hier auch sehr viele tolle arabische und türkische Frühstückscafés. Dort treffe ich mich gern mit Leuten, die von außerhalb kommen, weil man in diesen Cafés viel von der Neuköllner Mischung mitbekommen und sehen kann, dass hier viele äußerst unterschiedliche Menschen leben.

Würden Sie auch den Besuch einer Shisha-Bar empfehlen?
Auf jeden Fall. Es gibt viele coole ­Shisha-Bars.

Das sehen nicht alle so. Manche scheinen die Shisha-Bars allesamt für Brutstätten der sogenannten Clankriminalität zu halten. Anderen wiederum gelten Razzien in solchen Bars, wie es sie zuletzt im April gab, als rassistischer Polizeiterror.
Neukölln wird gern für die ideologische Bestätigung der eigenen Weltsicht benutzt. Die Leute, die hier leben und um die es geht, werden kaum wahrgenommen. Die Shisha-Bars sind ein gutes Beispiel: Es gibt schöne Shisha-Bars. Und es gibt andere, bei denen ich mir denke: Auf diese Bar habe ich aus verschiedenen Gründen überhaupt keinen Bock, etwa wenn dort nur Männer sitzen. In der öffentlichen Wahrnehmung gibt es entweder die völlige ­Ablehnung oder eine Romantisierung Neuköllns. Um es herunterzubrechen – die Shisha-Bar wird zum Sinnbild für die Frage: Bist du für oder gegen Ausländer?

Bei den Verbundeinsätzen von Polizei, Zoll und anderen Behörden geht es aber nicht nur um Shisha-Bars, sondern auch um andere gastronomische Betriebe, die nicht von Türken, Arabern oder Kurden geleitet werden.

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