Russland verstärkt seine militärische Präsenz in Mali, Burkina Faso und Niger

Die Juntas brauchen Söldner

Trotz Rückschlägen im Kampf gegen islamistische und separatistische Milizen vertiefen die Militärregierungen in Mali, Burkina Faso und Niger die Zusammenarbeit mit Russland sowie mit dessen Militär und Söldnergruppen.

Paris. Dieses Mal drückten die Meldungen der malischen Behörden nicht das übliche Triumphgeschrei aus. Von schweren Verlusten der Streitkräfte, aber auch der verbündeten russischen Kombattanten – Mitglieder der einstigen Söldnergruppe Wagner, die mittlerweile unter dem Namen Afrikakorps auftritt – war die Rede. Am Samstag erlitten die Armee und ihre russischen Verbündeten bei dem Versuch, die von Tuareg bewohnte Stadt Tin Zaouatine im Nordosten des malischen Staatsgebiets nahe der Grenze zu Algerien einzunehmen, eine schwere Niederlage.

Am Sonntag sprach die von Tuareg-Separatisten gebildete Gruppierung CSP-DPA (Strategischer Rahmen für die Verteidigung des Volks von Azawad; Azawad ist in der Berbersprache der Tuareg die Bezeichnung für Nordmali) von einem »strahlenden Sieg« ihrer Truppen. Aber auch die dem inter­nationalen islamistischen Netzwerk al-Qaida angegliederte »Gruppe für die Verteidigung des Islam und der Muslime« (GSIM) reklamierte den Sieg für sich und behauptete, 50 Russen und zehn malische Soldaten getötet zu haben. Die GSIM, deren Anführer wie beispielsweise Iyad Ag Ghali sich aus altansässigen Tuareg-Familien in Nordmali rekrutieren, kooperiert phasenweise mit den Separatisten, in anderen Phasen bekämpfen sich beide Organisationen bewaffnet.

Herbe Verluste räumte man auch auf Nachrichtenseiten der Unterstützer der malischen Regierung oder der von Mali 2023 gemeinsam mit Burkina Faso und Niger gebildeten Allianz der Sahel-Staaten (AES) ein, die am 6. Juli offiziell zum Staatenbund – confédération – erklärt worden war. Dort war am Dienstag von 80 Gefallenen auf Seiten der verbündeten malischen und russischen Kombattanten sowie zwölf gefangenen malischen Soldaten und 15 gefangenen »Wagner-Leuten« die Rede.

Karte des "Putschgürtels" in Afrika
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Das panafrikanische, die AES-Staaten unterstützende Online-Diskussions­forum Kama enthielt ebenso wie die ähnlich ausgerichtete Whatsapp-Gruppe Confédération de l’Alliance des États du Sahel am Dienstag weitere Meldungen dazu. Demnach waren die Tuareg-Sezessionisten angeblich »durch eine US-amerikanische Söldnerfirma namens Black Panther«, die entgegen ihrem Namen aus Weißen bestehe »und die Wagner-Strukturen kopiert«, militärisch »verstärkt worden«. Die Rede ist ferner von »geheimdienstlicher Unterstützung durch die USA, Frankreich und Deutschland«.

Die drei Regierungen der Sahel-Konföderation sind mit der Russischen Föderation verbündet. Am 4. und 5. Juni hielt sich der russische Außenminister Sergej Lawrow in Ouagadougou auf, der Hauptstadt von Burkina Faso. Es war die zweite Station seiner dreitägigen Afrika-Reise, bei der drei weitere Staaten auf dem Programm standen: Guinea, der Tschad und die Republik Kongo (auch bekannt als Kongo-Brazzaville). Lawrow bekräftigte die Bereitschaft Russlands zu militärischen Ausbildungsprogrammen für burkinische Soldaten und zu Waffenlieferungen.

Russische Elitesoldaten als Leibgarde

Unterdessen wird der 36 Jahre alte, nach einem Putsch als Übergangspräsident des Landes fungierende Offizier Ibrahim Traoré von russischen Elitesoldaten bewacht, die für seine persönliche Sicherheit sorgen. In einschlägigen panafrikanischen Online-Foren wie Kama wurden Screenshots des lokalen Senders Faso Nékré TV kommentiert. Ein westafrikanischer Diskussionsteilnehmer schrieb dort Mitte Juli: »Am Anfang dachte ich, die russische Flagge auf der Uniform könne eine Bildmontage sein. Doch das (dazugehörige; Anm. d. Red.) Video machte mir klar, dass Traorés Sicherheit diskret von russischen Diensten übernommen wird. Die tragen eine komplette Tarnuniform, doch ihre Nasenform« – unter einer Maske – »verrät sie … «

Am 13. Juni schrieb dazu ein unter dem Pseudonym Nomade sahélien publizierender westafrikanischer Geograph bei X (vormals Twitter), die russische »Brigade Bear« habe mittlerweile ihr Hauptquartier in Ouagadougou aufgeschlagen. 40 ihrer Mitglieder hielten sich dort auf, vor allem als Ausbilder. Diese Brigade betrachte sich als Eliteeinheit der Armee – hervorgegangen aus der 81. Sonderbrigade –, doch verhalte sie sich eher wie ein Söldnerunternehmen. Kombattanten werde ein dreimonatiger Auf­enthalt mit einem Sold zwischen 2.500 und 4.000 US-Dollar monatlich angeboten, zuzüglich »Zahlungen in Kokain und Prostituierten-Dienstleistungen«.

Re­krutiert werde über die Söldnerfirma Redut, die wiederum faktisch vom russischen ­Militärgeheimdienst GRU kontrolliert werde. Die Pariser Tageszeitung Le Monde berichtete am 6. Juli über die Brigade, 30 ihrer Mitglieder hielten sich im Hotel Sonia in Ouagadougou auf und sonnten sich auf der Terrasse, »maskiert und mit Sonnenbrille auf der Nase«. Unter der Ägide des Verteidigungsministeriums in Moskau habe diese Brigade zu großen Teilen die frühere Rolle der Söldnerfirma Wagner in Afrika übernommen.

Die Militärjunta Burkina Fasos entschied, es bestehe dringender Bedarf, gesetzgeberisch tätig zu werden, um »Homosexualität zu verbieten« und Landesverrätern die Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Jüngst hatte die Militärjunta Burkina Fasos die glorreiche Idee, es bestehe dringender Bedarf, gesetzgeberisch tätig zu werden, um »Homosexualität zu verbieten« und Landesverrätern die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Am 11. Juli nahm das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf an, der nun noch von den Abgeordneten des »Übergangsparlaments« verabschiedet werden muss.

Burkina Faso wäre damit der 33. afrikanische Staat von insgesamt 54, die Vollmitglieder der UN sind, der homosexuelle Beziehungen unter Strafe stellt. In der Mehrheit der Fälle gelten entsprechende Gesetze seit der Unabhängigkeit, in früheren britischen Kolonien wie Ghana und Uganda waren sie von der Kolonialmacht eingeführt worden.

Doch verbreitet sich in jüngerer Zeit die Ideologie immer weiter, homophobe Gesetze und Strafdrohungen gegen Homosexuelle in afrikanischen Staaten seien ein Mittel des Widerstands gegen den Neokolonialismus. Mit ihnen setze sich der Kontinent ­dagegen zur Wehr, dass der dekadente Westen beziehungsweise Norden ihm »seiner Kultur und Tradition zuwiderlaufende« oder »widernatürliche« Lebensformen aufzwingen wolle.

Senegal will sich dem neuen Staatenbund nicht anschließen

In jüngster Zeit preschte der neue senegalesische Premierminister Ousmane Sonko vor: Er wünscht, die bereits bestehende Strafdrohung gegen homosexuelle Handlungen von einem bis fünf Jahren Haft zu verschärfen. Sonko steht ansonsten in der Außenpolitik den AES-Staaten relativ nahe, ebenso wie sein Vorgesetzter, Präsident Bassirou Diomaye Faye, der im April sein Amt antrat.

Beide widersetzten sich jedoch dem Verlangen der AES-Staaten, der Senegal möge sich dem neuen Sahel-Staatenbund anschließen, und sehen ihre Rolle eher als Vermittler zwischen den AES-Ländern einerseits und Frankreich sowie der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) auf der anderen Seite.

Unter Aktivisten, die im Namen des Panafrikanismus in vielen französischsprachigen afrikanischen Staaten den Kurs der AES lautstark unterstützen, wurden deswegen bereits Enttäuschung und Unmut über Faye laut. In den einschlägigen Diskussionsforen, die vor allem in diversen Whatsapp-Gruppen rege Teilnahme verzeichnen, wurde er in den vergangenen Wochen wiederholt als schein­heilig und unzuverlässig attackiert. Als Vorbild wird dort vor allem der bur­kinische Juntachef Ibrahim Traoré gefeiert.

Autoritären Regimes gefällt das

In Burkina Fasos Hauptstadt Ouaga­dougou blieb die regierende Militärjunta eine genauere Auskunft über das zukünftige Strafmaß bei homosexuellen Handlungen noch schuldig. Dem erwähnten Gesetzentwurf zufolge droht außerdem bei »Verhaltensweisen und Handlungen, die gegen die Interessen Burkina Fasos gerichtet sind«, der Entzug der Staatsbürgerschaft – eine Generalklausel, die weiten Spielraum bei der Auslegung lässt. So etwas gefällt autoritären Regimes, und als solches gebärdet sich die Militärregierung in Ouagadougou immer deutlicher.

Und nicht nur diese. In Mali ließ sich die 2020/2021 aus dem Militär hervorgegangene »Übergangsregierung« im Mai von einer politischen »Nationalkonferenz« dazu auffordern, weitere zwei bis fünf Jahre im Amt zu bleiben. Am 10. April hatte sie per Dekret vorläufig alle Aktivitäten politischer Parteien verboten, zudem auch »politische Tätigkeiten von Nichtregierungsorganisa­tionen«. Dieses Verbot, über das auch die Meinung der Junta-Unterstützer keineswegs einhellig war, wurde jedoch am 10. Juli wieder aufgehoben.

Und nicht nur Russland unterstützt die sich immer autoritärer gebärdenden Militärregierungen im Sahel. Die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete im Mai, 1.000 islamistische syrische Kombattanten, die die Türkei in dem Land kommandiert hatte, hielten sich im Dienste der Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan nahestehenden Söldnerfirma Sadat in der Sahelzone auf, insbesondere in Niger, wo die Mi­litärjunta in den vergangenen Tagen mit öffentlichen Feierlichkeiten das einjährige Jubiläum ihrer Machtübernahme beging.

Dem Bericht zufolge bewachen die syrisch-türkischen Söldner dort Bergwerke und Militäreinrichtungen, könnten aber auch gegen örtliche Jihadisten zum Einsatz kommen. Neun der Söldner seien bis dato getötet worden. Die Truppe arbeitete mit rus­sischen Mitgliedern des Afrikakorps zusammen: Anders als in Syrien, wo Russland und die Türkei unterschiedliche Seiten im Bürgerkrieg unterstützten, kooperieren sie im Sahel offenbar.