Rechtsextreme Streamer tun sich in den USA mit antizionistischen Influencern zusammen

Neue Allianzen

In den USA hetzt der rechtsextreme Streamer Nick Fuentes gegen Israel und findet antizionistische Influencer als Bündnispartner.

Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis der vergangene Woche aus der Haft entlassene Wikileaks-Gründer Julian Assange zum umjubelten Stargast ­einer antiisraelischen »Free Palestine«-Kundgebung oder gleich eines Kongresses wird. Dem Mann, der über einen ihm missliebigen Journalisten mal raunte, dass der wohl jüdisch sei, war zu Beginn seiner Karriere als gefeierter Whistleblower gern nachgesehen worden, dass er sich mit notorischen Antisemiten umgab, wie den schwedischen Journalisten Donald Boström und Johannes Wahlström.

Und so war es auch nicht verwunderlich, dass seine Freilassung unter anderem auf X (vormals Twitter) von der Internationale der Israel-Hasser und -Hasserinnen begeistert gefeiert wurde. Zum Beispiel von Sulaiman Ahmed, einem britischen Journalisten und Aktivisten, der seine mehr als 500.000 Follower praktisch rund um die Uhr mit antiisraelischer Propaganda unterhält – und kaum Berührungsängste mit Holocaustleugnern und Neonazis hat. Im Mai postete Ahmed zum Beispiel ein Foto, das ihn gemeinsam mit dem US-amerikanischen Rechtsextremen Nick Fuentes zeigte. Dazu schrieb er: »Die muslimisch-christliche Allianz übernimmt«.

Unverhohlene Morddrohungen

Das American Jewish Committee schrieb vergangenes Jahr, Fuentes sei ein »white supremacist und Holocaustleugner, der Juden hasst«. Der 1998 geborene Fuentes hatte schon während seiner High-School-Zeit eine ultrakonservative Talkshow beim rechten Sendernetzwerk RSBN moderiert. Dem gingen die in Fuentes’ Sendung ausgestoßenen unverhohlenen Morddrohungen, unter anderem gegen CNN-Journalisten, schließlich jedoch zu weit.

Fuentes, der später unter anderem an den rassistischen Demonstrationen in Charlottesville im August 2017 und schließlich auch am Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2022 teilnahm, versucht sich seither daran, aus den Republikanern »eine reaktionäre Partei« nach seinen Vorstellungen zu machen – offen antisemitisch, frauen- und schwulenfeindlich sowie rassistisch.

Vor seinen Anhängern in Detroit schrie der rechtsextreme Nick Fuentes Parolen wie »Nieder mit Israel« und forderte: »Stop the war!«

Zu diesem Zweck hat er auch die seit 2020 jährlich stattfindende America First Political Action Conference (AFPAC) gegründet. Deren vierte Auflage endete Mitte Juni jedoch schmählich: Die Betreiber des geplanten Detroiter Veranstaltungsorts Russell Industrial Center untersagten die Veranstaltung in enger Kooperation mit der Polizei, noch während die Bühne aufgebaut wurde. Der Detroit Free Press sagte ein Sprecher des Russell Industrial Center, man sei arglistig über den wahren Charakter der Konferenz getäuscht worden, Fuentes und Co. hätten die Räumlichkeiten über eine andere Firma gebucht. Die Absage sei der einzig gangbare Weg gewesen »und die Menge der Hassnachrichten sowie der Drohungen und Beschimpfungen, die danach aus dem AFPAC-Umfeld auf uns einprasselten, zeigen uns, dass wir das Richtige getan haben«.

Fuentes hält seine sogenannten Konferenzen immer gern in den Städten ab, in denen gerade Konferenzen von Turning Point Action (TPA) stattfinden, einer den Republikanern nahestehenden Organisation, die rechtes Gedankengut vor allem an Schulen und Universitäten verbreitet. Genauso war es an jenem Wochenende in Detroit, als der designierte republikanische Präsidentschaftskandidat Donald J. Trump bei der Konferenz von TPA eine Rede hielt.

»Heiliger Krieg« gegen Juden

TPA betrüge Trump, hatte Fuentes 2019 verlautbart, denn die Organisation unterstütze Israel. Umso erstaunlicher, dass eben dieser Trump, der sich immer wieder als Freund Israels präsentierte, Ende November 2022 ausgerechnet Nick Fuentes und den damals mit diversen antisemitischen Äußerungen aufgefallenen Rapper Kanye West nach Mar-a-Lago einlud.

Es folgte ein regelrechter Shitstorm. Trumps ehemaliger Vizepräsident Mike Pence forderte Trump auf, sich zu entschuldigen, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte, »West und diesen anderen unakzeptablen Gast einzuladen«, sei schlichtweg falsch gewesen.

In diesem Jahr konnte der Judenhasser Fuentes sich Hoffnungen auf mehr Teilnehmer als gewöhnlich machen. Denn der Streamer, der in der Vergangenheit öffentlich unter anderem einen »heiligen Krieg« gegen Juden ausrief und hinzufügte: »Weil wir bereit sind, in diesem heiligen Krieg zu sterben, werden wir dafür sorgen, dass sie sterben«, gewinnt seit dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel neue Bündnispartner, wie das Beispiel Sulaiman Ahmed zeigt. 

Allerdings findet er sie nicht unbedingt unter den Republikanern. Als er nach der Absage der AFPAC versuchte, sich Zutritt zur Konferenz von Turning Point Action zu verschaffen, wurde er unsanft abgewiesen. Mitte Oktober 2023 war bereits der repu­blikanische Politiker Jonathan Stickland, bis dahin Präsident der einflussreichen konservativen Organisation Defend Texas Liberty PAC (ein PAC sammelt Spenden für Parteien und Kan­didaten), seines Postens enthoben worden, weil er sich mit Fuentes getroffen hatte.

»Ihr wisst, wer alles zerstört«

Trotz der Absage seiner Veranstaltung versuchte Fuentes, sich in Detroit Gehör zu verschaffen. In einer live bei Telegram gestreamten Rede vor seinen Anhängern schrie er, verstärkt durch ein Megaphon, Parolen wie »Nieder mit Israel« und forderte: »Stop the war!« Trump warf er vor, Geld von proisraelischen Spendern anzunehmen und in seiner Amtszeit als Präsident unter deren Einfluss einen israelischen Spion begnadigt zu haben. Wenn Trump »seinen ursprünglichen Versprechen treu geblieben wäre, hätte er stattdessen Julian Assange befreit«, fuhr Fuentes fort – was seine Fans mit »Free Assange«-Sprechchören quittierten.

Außerdem stellte Fuentes den Republikaner Mike Hacham vor, der in Michigan bei der Gruppe Arab Americans for Trump aktiv ist. Im für die Präsidentschaftswahl wichtigen swing state Michigan gibt es viele arabischstämmige Bürger, die auch von Trump-Anhängern umworben werden. Der Free Press sagte Hacham, Fuentes sei jemand, der »Brücken ­zwischen der muslimischen und der christlichen Community baut«.

Anhänger besitzt Fuentes nicht nur in den USA, sondern auch andernorts, wie eine antiisraelische Influencerin namens Anastasia Maria Loupis – eigenen Angaben zufolge eine dänische Ärztin. Auf X hat sie 1,2 Millionen Follower und verbreitet die übliche Propaganda der Hamas. Kürzlicher postete sie: »Muslime und Christen könnten in Frieden leben. Wir könnten in unseren Ländern bleiben und uns respektieren. Ihr wisst, wer alles zerstört.«

Sie war offenbar auch in Detroit, zumindest twitterte sie, dass es »verdammt großartig« sei, »mit der Anti-Israel-Bewegung in Detroit« zu sein. Zur Veranstaltungsabsage teilte sie mit, »Nick hat recht, Amerika ist ein von Israel okkupiertes Territorium.« Sehr lange wütete Loupis dieses Mal allerdings nicht gegen die angeblich von Zionisten besetzten USA, denn die Nachricht von der Freilassung Assanges führte auch bei ihr zu großer Beglückung.