Nukleare Altlasten aus der Sowjetzeit in Tadschikistan

Das strahlende Erbe der Sowjetunion

Die Kleinstadt Istiqlol, früher Taboschar, gilt als die »kleine Schweiz« Tadschikistans. Zu Sowjetzeiten brachte der Uranbergbau den Bewohnern der zeitweise geschlossenen Stadt viele Annehmlichkeiten. Doch nun leiden sie unter den strahlenden Hinterlassenschaften.
Reportage Von

»Wir haben uns über die gesundheitlichen Folgen nie Gedanken gemacht«, sagt der alte Mann und blickt auf den in der Sonne glänzenden See. Malerisch schimmert das türkisblaue Wasser zwischen den schroffen Bergen, doch ein verwittertes Schild warnt mit dem charakteristischen Strahlenradsymbol vor einer unsichtbaren Gefahr: Radioaktivität.

Über 40 Jahre lang wurde hier, in den Bergen Nordtadschikistans, Uran für das sowjetische Atomprogramm abgebaut. Die radioaktiv verseuchten Überreste – verlassene Gruben und Ruinen von Aufbereitungsanlagen – stehen bis heute in der Landschaft und gefährden die Menschen, die in den umliegenden Orten leben.

Aufgrund seiner militärischen Relevanz für das sowjetische Atomprogramm galt Taboschar als »geschlossene Stadt«. Nur mit einer Sondererlaubnis durfte der Ort betreten werden.

Einer von ihnen ist Taboschar – so hieß die Kleinstadt mit etwa 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in der Sowjetunion, seit 2012 ist ihr Name Istiqlol. Zweistöckige Steinhäuser stehen an den von Bäumen gesäumten Straßen. Mit ihren Veranden und kleinen Ecktürmchen mit Spitzdach könnten sie auch in einem bayerischen Bergdorf stehen. Ihr Aussehen hat eine besondere Geschichte: Es waren deportierte Russlanddeutsche und deutsche Kriegsgefangene, die in den vierziger Jahren Taboschar aus dem Boden stampften und dem Ort sein »deutsches« Antlitz gaben.

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