Eine unvollständige Chronologie antisemitischer Vorfälle seit dem 7. Oktober

Deutscher Alltag seit dem 7. Oktober

Konflikte, in die Israel involviert war, haben immer schon zu einem Anstieg antisemitischer Vorfälle auf deutschen Straßen geführt; so auch seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Eine unvollständige Chronologie soll veranschaulichen, wie häufig vermeintliche »Israelkritik« in antisemitisches Gebaren umschlägt und die Sicherheit von Jüdinnen und Juden konkret gefährdet.

7. Oktober
Während die palästinensischen Schlächter noch mordend durch Israel zogen, feierten Menschen auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln das bestialische Massaker der Hamas und verteilten Süßigkeiten auf den Straßen.

8. Oktober
Eine Frau sprühte nach Angaben des Südkuriers »Arbeit macht frei« an eine Mauer in Konstanz.
Auf einer israelsolidarischen Kundgebung in Kiel seien mehrere Teilnehmer von einer Gruppe angespuckt worden, so der Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias).
Wie Rias ebenfalls meldete, störte eine Frau eine Schweigeminute für die Opfer der Massaker in einer Stadt in Hessen mit den Worten: »Schweigeminute für Israel und ein paar tote Juden, schon peinlich, Digga!«
Einer Pressemitteilung der bayerischen Polizei zufolge sprühte ein Unbekannter an mehreren Orten in Coburg antisemitische Schriftzüge. Zeugen gaben an, dass der Mann eine Palästina-Flagge um die Schulter getragen habe.

9. Oktober
Ein Mann habe, so »RBB24«, mehrere Familien auf einem Spielplatz in Berlin-Marzahn antisemitisch beleidigt und den Hitlergruß gezeigt. ­Einige der Anwesenden habe er zudem angespuckt. Auch habe er mit der Hand einen Pistolenschuss angedeutet.
Bei einer israelfeindlichen Demonstration in Duisburg riefen zwei Teenager-Mädchen: »Guck mal, da sind die Juden!« Gemeint war der israelsolidarische Gegenprotest.
Informationen von Rias zufolge wurde eine Solidaritätskundgebung für Israel in Jena gestört; jemand rief: »Die sind selbst schuld.«
Wie mehrere Medien berichteten, griffen drei Unbekannte eine 22jährige und eine 47jährige Frau nach einer israelsolidarischen Kundgebung in Hamburg an. Demnach schlugen sie die Frauen und spuckten und trampelten auf die von diesen mit­geführten Israel-Flaggen.

Am 12. Oktober sprühten Unbekannte einen Davidstern an den Eingang eines Wohnhauses in Berlin-Prenzlauer Berg.

10. Oktober
Unbekannte haben, wie dem Tagesspiegel zu entnehmen war, »Kill Juden« und fünf Hakenkreuze auf Überreste der Berliner Mauer an der East Side Gallery geschmiert.

12. Oktober
Unbekannte sprühten einen Davidstern an den Eingang eines Wohnhauses in Berlin-Prenzlauer Berg. Die Hausbewohnerin hat eine Mesusa, eine jü­dische Schriftkapsel, an ihrer Wohnungstür. Zahlreiche weitere Wohnungen wurden in der Hauptstadt mit einem Davidstern markiert; auch in Dortmund war dies an fünf Wohnhäusern der Fall.
Bei einer Mahnwache für die Opfer des Hamas-Terrors in Berlin wurde nach Informationen von Rias aus einem Auto heraus »Fick die Juden« gerufen.
An einer Wand in Bremen wurde ebenfalls Rias zufolge der Schriftzug »Für jeden Zionisten 1 Kugel« entdeckt.

13. Oktober
Wie der Tagesspiegel meldete, brannte eine Israel-Flagge, die am Bezirksrathaus Berlin-Reinickendorf angebracht war. Ein Video auf X zeigt, wie ein junger Mann am Augsburger Rathausplatz einen Fahnenmast erklimmt. Vor den Augen einiger Passanten reißt er eine Israel-Flagge herunter.
Die Terrororganisation Hamas verkündete den »Tag des Zorns«, zu dem sie alle Muslime weltweit dazu aufrief, sich dem »Aufstand« anzuschließen. Aus Sorge vor Attacken und Anfeindungen blieben zahlreiche jüdische Kindergärten und Schulen so gut wie leer.

14. Oktober
Die Terrorgruppe al-Qaida rief ihre Sympathisanten zu Angriffen gegen Juden auf. In ihrer Mitteilung hieß es: »Möge sich der Jihad gegen die aggressiven Juden und ihre Verbündeten über jedes Land, jedes Meer und jeden Himmel erstrecken.«

13. – 15. Oktober
Unbekannte sprühten der »Tagesschau« zufolge »Palästina-Graffiti« unter anderem auf einen Gedenkstein zum Nationalsozialismus am Saarbrücker Schloss.
Der jüdische Sportverein TSV Maccabi München musste mehrere Fußballspiele absagen. Ein Trainer eines gegnerischen Vereins sei für den Fall bedroht worden, dass er gegen Maccabi spielen sollte, so Maccabi-Sportvorstand Armand Presser. Bei den abgesagten Partien habe es sich um Spiele der U-9- und U-10-Mannschaften gehandelt.

15. Oktober
Der Journalist Ronen Steinke schrieb auf X, eine Mutter habe ihm berichtet, dass ihr der Zutritt in einem Indoor-Spielplatz in München verweigert wurde. Der am Eingangsschalter Bedienstete habe gehört, dass sie Israelin sei, und ihr daraufhin den Zugang verwehrt.

16. Oktober
Im linken Projektraum New Yorck im Bethanien in Berlin-Kreuzberg fand ein »Anarchistisches Dinner« statt. Die Spendeneinnahmen gingen zugunsten Zaid Abdulnasser, der »wegen seiner politischen Aktivitäten von der Abschiebung bedroht« sei, so der Ankündigungstext. Nasser ist Mitglied und Sprecher von Samidoun. Die Organisation hatte am 7. Oktober den Massenmord der Hamas auf den Straßen Berlin-Neuköllns gefeiert und Sü­ßigkeiten verteilt. Bereits in der Vergangenheit waren Demonstrationen der Gruppe durch antisemitische Parolen aufgefallen.

17. Oktober
Zwei Männer stürmten nach Angaben der Gießener Allgemeinen eine Wohnung in der Gießener Innenstadt, an deren Balkon eine Israel-Fahne wehte. Demnach forderten die beiden Männer den 34jährigen Bewohner aggressiv auf, die Fahne vom Balkon zu entfernen; dabei hätten sie ihn antisemitisch beleidigt. Als der Betroffene die Polizei habe rufen wollen, habe einer der Männer dessen Handy geklaut und sei weggerannt. Der andere habe sich in der Zwischenzeit Zugang zur Wohnung verschafft und die Fahne vom Balkon gerissen. Zudem habe er dem 34jährigen mit der Faust ins Gesicht geschlagen.
Ivar Buterfas-Frankenthal, einer der letzten Holocaust-Überlebenden, muss der »Hessenschau« zufolge erstmals eine Vortragsreise unter Polizeischutz antreten.
Angesehene Nachrichten-Websites verbreiteten Fake News der Terrororganisation Hamas. Unter anderem die »Tagesschau« und der Deutschlandfunk berichteten von einem angeblichen »israelischen Angriff« auf ein Krankenhaus in Gaza, ohne vorher die Quellen kritisch zu überprüfen: das Gesundheitsministerium in Gaza, welches von der Hamas kontrolliert wird, oder die islamistische Terrororganisation selbst. Im Laufe des Tages lag bereits eine Vielzahl von Videoaufnahmen und Mitschnitten vor, die die Version der Hamas in Frage stellte. Demnach handelte es sich um eine fehlgeleitete Rakete, die aus Gaza abgefeuert worden war und Israel hätte treffen sollen.

Am 18. Oktober riefen linke Demonstranten vor dem Auswärtigen Amt in Berlin »Free Palestine from German guilt«.

18. Oktober
Unbekannte haben dem Tagesspiegel zufolge zwei Brandsätze auf das jü­dische Gemeindezentrum der Adass-Jisroel-Gemeinde in Berlin-Mitte geworfen. Die Angreifer verfehlten das Gebäude. Personen und Gebäude blieben unversehrt. Objektschützer waren zwar an Ort und Stelle, konnten jedoch weder den Anschlagsversuch verhindern noch die Täter festhalten.
In einem Bus in München-Neuperlach sei eine 26jährige von einem 19jährigen antisemitisch beschimpft worden, so die Süddeutsche Zeitung. Die Frau habe in einem Linienbus telefoniert. Dem Telefonat habe der 19jährige entnommen, dass sie Jüdin ist. Daraufhin habe er sie beschimpft und allen Juden mit dem Iran gedroht.
Am Abend löste die Polizei in Frankfurt am Main eine Mahnwache mit dem Titel »Stoppt den Genozid« auf. Wie die FAZ berichtete, wurden dort antisemitische Schilder gezeigt, die die Shoah relativierten und Israel damönisierten; zum Beispiel: »One holocaust does not justify another«.
Obwohl bereits alles gegen die Version der Hamas sprach, dass Israel ein Krankenhaus angegriffen habe, wurde diese Desinformation in deutschen Medien wiederholt. Der Sprecher der »Tagesschau« sagte zur besten Sendezeit um 20 Uhr: »Die Hamas berichtet von fast 500 Toten.« Ein Moderator von Phoenix zitierte in einem Interview mit dem israelischen Botschafter Ron Posor die Stellungnahme der Hamas und widersprach dem Botschafter mit den Worten: »Die Hamas sieht das eben anders.«
Vor dem Auswärtigen Amt in Berlin riefen linke Demonstranten »Free Palestine from German guilt«. Sie forderten also einen Schlussstrich, ein Ende der Erinnerung an die Shoah, wie man es sonst von Rechten gewohnt ist.

19. Oktober
Plakate der Jüdischen Filmtage in Saarbrücken wurden zerstört. Die Filmtage mussten unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.
20. Oktober
Die Terrororganisation Hamas rief erneut alle Muslime weltweit zu Aktionen gegen jüdische und israelische Einrichtungen auf. Wieder blieben jüdische Schulen und Kitas deshalb an diesem Tag nahezu leer.
In Berlin-Neukölln folgten zahlreiche Geschäftsinhaber der Sonnen­allee einem israelfeindlichen Streik­aufruf. Rund 80 Prozent der Ladengeschäfte blieben am 20. Oktober geschlossen. Beobachtungen eines RBB-Reporters zufolge haben Unbekannte vor einem arabischen Imbiss in der Weichselstraße und einem Restaurant in der Reuterstraße eine unangenehm riechende Flüssigkeit ausgeschüttet. Die beiden Lokale waren dem Aufruf nicht gefolgt.
Eine Protestaktion gegen Antisemitismus und die Hamas in Neukölln wurde wegen Sicherheitsbedenken abgesagt. Die Polizei konnte ihren Schutz nicht gewährleisten.

22. Oktober
Ein Fenster des Jüdischen Krankenhauses in Berlin-Gesundbrunnen wurde eingeworfen. Das berichtete unter anderem die Jüdische Allgemeine.

24. Oktober
Tarik S. wurde in Duisburg festgenommen. Er soll sich zu einem ­Anschlag auf eine proisraelische Veranstaltung bereit erklärt haben.

26. Oktober
Ein Video auf X zeigt, wie die Berliner Polizei Plakate entfernte, die auf das Schicksal der von der Hamas entführten Zivilisten aufmerksam machen. Nach Polizeiangaben liegt ein Verstoß gegen das Pressegesetz vor, da auf den Plakaten ein Impressum fehlt; demnach handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Es wurde zudem ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung eingeleitet. Die Polizei bedaure indes, »dass durch dieses Abnehmen der Plakate Gefühle, insbesondere von Menschen der israelisch/jüdischen Community, aber auch Angehörigen der Geiseln, verletzt wurden«. Plakate ohne Impressum hängen tausendfach überall in Berlin, ohne dass die Polizei diese entfernt.

28. Oktober
Der Hamburger Rabbiner Shlomo Bistritzky berichtete auf X, ihn habe ein jüdischer Patient gebeten, ihn nicht im Krankenhaus zu besuchen. Der Patient habe Angst, als Jude erkannt zu werden.
In Senden bei Neu-Ulm griff laut Polizei ein Unbekannter ein Geschäft mit israelischen Lebensmitteln an, wie BR24 meldete.

29. Oktober
Ebenfalls BR24 zufolge schmierten Unbekannte in Nürnberg den Schriftzug »Kindermörder« an die Fassade des israelischen Restaurants »Tel Aviv-Jaffa«. Daneben malten sie einen Davidstern.
Unter anderem die Taz berichtete, dass an der Gedenkstätte Ahlem in Hannover antisemitische Sticker an Türen, am Eingangsschild und an der »Wand der Namen« für die Opfer der Shoah entdeckt worden waren. Auf diesen war unter anderem »Israel mordet« und »Befreie dich vom Schuldkult« zu lesen. Einige der Sticker sollen von der rechtsextremen Partei »Die Heimat« (ehemals NPD) stammen.

3. November
Die Programmschänke Bajszel in Berlin-Neukölln wurde antisemitisch angegriffen. Am frühen Abend hätten ein Mann und zwei Frauen Poster, die an die von den Hamas entführten Menschen erinnern, abgerissen, berichteten die Betreiber. Als sie damit konfrontiert worden seien, hätten diese sich antisemitisch geäußert.

Am 4. November wurden Menschen beim Plakatieren für die Gedenkdemonstration anlässlich der Novemberpogrome 1938 in der Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg von mehreren Personen bedroht.

4. November
Teilnehmer einer israelfeindlichen Demonstration in Berlin-Mitte bedrängten Besucher eines »Starbucks«-Cafés beim Verlassen, brüllten »Shame on you«, drangen in den Laden ein und spuckten gegen die Wand der Filiale, wie Videos auf X zeigen. Dahinter könnte ein Streit zwischen der Belegschaft und dem Unternehmen in den USA ­stehen. Die Gewerkschaft Starbucks Workers United hatte sich auf X solidarisch mit Palästina gezeigt und einen positiven Bezug auf den Angriff der Hamas hergestellt. Wie CNN berichtete, reagierte das Unternehmen mit einer Mitteilung, in der es die Angriffe der Hamas verurteilte und sich von den Ansichten der Gewerkschaften distanzierte. Seitdem wird in den Sozialen Medien zu einem Boykott gegen Starbucks aufgerufen.
Am Abend wurden Menschen beim Plakatieren für die Gedenkdemonstration anlässlich der Novemberpogrome 1938 in der Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg von mehreren Personen bedroht, teilte das Bündnis in den Sozialen Medien mit. Die Plakate seien unter den Rufen »Free Palestine« wieder abgerissen worden. Zudem hätten die Angreifer behauptet, das Leiden der Palästinenser sei schlimmer als die Shoah.