Was aus den demokratischen Verhältnissen und der Westbindung in Georgien geworden ist

Homestory #24/24

2018 fuhr die Redaktion der »Jungle World« nach Georgien. Insgesamt schien die politische Lage in der Kaukasus-Republik damals noch nicht ganz so düster wie heutzutage.

Mit Georgien hat die Redaktion Ihrer Lieblingszeitung schon persönlich Erfahrungen gemacht: bei ihrer Auslandsreise vor bald sechs Jahren.

Damals war die sogenannte Techno-Revolte ein wichtiges Thema – eine subkulturell geprägte Protestbewegung, der es um »LGBT-Rechte, Feminismus und die repressive Drogenpolitik« ging. Insgesamt schien die politische Lage in Georgien noch nicht ganz so düster wie heutzutage.

Aus Georgien in Erinnerung geblieben als »so nützlich wie gefährlich« sind einem Redakteur die Spätis, wo man »Chacha« genannten Selbstgebrannten in Wasserflaschen erwerben konnte.

Reichlich optimistisch hieß es in unserer Ausgabe zum Beispiel: »Demokratische Verhältnisse und Westbindung sind in Georgien gesellschaftlicher Konsens. Die staatliche Politik indes wird weiterhin vor allem von der Partei eines Oligarchen bestimmt.« Der Oligarch, der gemeint war, heißt Bidsina Iwanischwili, die Partei Georgischer Traum. Beide bestimmen heute noch die georgische Politik. Was inzwischen aus den demokratischen Verhältnissen und der Westbindung in Georgien geworden ist, zeigt ein Blick auf unsere Titelseite.

Aber Georgien ist dennoch einen Besuch wert. In Erinnerung geblieben als »so nützlich wie gefährlich« sind einem Redakteur die Spätis, wo man »Chacha« genannten Selbstgebrannten in Wasserflaschen erwerben konnte. Gefährlich war das nicht, weil man sich Sorgen hätte machen müssen, zu erblinden oder dergleichen – die Leute wussten schon, was sie tun –, aber der Tag danach sei ein Grund zum Fürchten gewesen.

Wertschätzung der georgischen Küche

Ein Highlight war das Stalin-Museum, das von einer entsprechenden Sekte betrieben wurde. Das Bild, das dort vom Leben des wohl berühmtesten Georgiers der Weltgeschichte gezeichnet wurde, betonte – um es mal zurückhaltend auszudrücken – eher die positiven Seiten. Dafür konnte man Stalins Pelzmantel bewundern und das »Zimmerchen besuchen, das der kleine Josef mit seiner Familie und der des Vermieters bewohnte, wodurch man fast versteht, warum Stalin später auf einem so luxuriösem Privatzug bestand«.

Eine der wenigen Gemeinsamkeiten, die er mit Stalin habe, meint ein Redaktionsmitglied, sei die Wertschätzung der georgischen Küche – es heißt, Stalin habe im Kreml georgisch kochen lassen. Bei dieser Vorliebe dürfte er wohl große Teile des Jungle-Kollektivs auf seiner Seite haben.

Das Ziel unserer diesjährigen Auslandsreise ist noch berühmter für gute Küche – und dort fühlen sich derzeit ebenfalls Kräfte bestätigt, die zumindest früher mal mit einem Bündnis mit Wladimir Putin geliebäugelt haben. Zugegeben – Letzteres trifft, nach den Wahlergebnissen vom Sonntag zu urteilen, wohl auf halb Europa zu.