Die sogenannte revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in Berlin bietet nur noch Antisemitismus

Goodbye, 1. Mai

Das alljährliche Krawallritual der Autonomen am 1. Mai in Berlin ist endgültig zu einer Pro-Intifada-Parade verkommen.
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Anstelle des traditionellen Riots ging man dieses Jahr einfach brav nach Hause. Bei der sogenannten Revolutionären 1.-Mai-Demonstration waren dieses Jahr rund 12.000 Menschen durch die Berliner Bezirke Kreuzberg-Friedrichshain und Neukölln gezogen, allerdings scheint die Demo viel von ihrer früheren Bedeutung für linke Autonome verloren zu haben. Diese nutzten den »Tag der Arbeit« schließlich seit Jahrzehnten, um ihr Mütchen an der Polizei zu kühlen – mit tatkräftiger Unterstützung von erlebnishungrigen Demo-Touristen.

Schon in den Jahren zuvor war es immer ruhiger auf der Demonstration zugegangen. Angesichts des totalen Ausfalls von Krawall dieses Jahr stimmten nun konservative Beobachter einen Abgesang an: Die linksautonome Szene sei Geschichte, zitierte man bei der Welt einen Beamten der Polizei; die Gewerkschaften hätten an diesem Tag mehr Menschen auf die Straße gebracht als sich radikal dünkende Linke, rechnete ein Autor des Tagesspiegel vor.

Nach dem Übergriff auf ein Grüppchen mit einer kleinen Israelfahne rief ein aggressiver Teilnehmer des Mobs die Parolen »Lang lebe Hamas« und »Lang leben die al-Qassam-Brigaden«.

Inhaltlich zumindest stellte die diesjährige Demo mit einer alles dominierenden »Palästina-Solidarität« einen absoluten Tiefpunkt dar. Wurde das ritualisierte Geländespiel früher meist mit einem Antikapitalismus des Bauchgefühls begründet, der in seiner falschen Kritik an Kapital und Arbeit den Antisemitismus immer schon latent enthielt, brach sich Letzterer an diesem Abend offen Bahn.

Wie schon bei vorangegangenen antizionistischen Protesten seit dem 7. Oktober widmeten die in Kufiyas gekleideten Hamas-Verbündeten einige Nordneuköllner Straßenzüge in Außenposten des Gaza-Streifens um. Friedlich blieb es dennoch weitgehend. Nicht einmal die allseits als Repressionsorgan denunzierte Polizei ließ sich von Aufrufen zum massenhaften Judenmord wie in »Yallah, yallah Intifada« aus der verordneten Ruhe bringen.

Allerspätestens 2016 war abzusehen gewesen, in welche Richtung sich der Berliner 1. Mai entwickeln würde. Damals hatte die »Ökologische Linke«, eine von der Autorin Jutta Ditfurth mitgegründete Kleinstpartei, versucht, antizionistische Gruppen aus dem Bündnis auszuschließen und, nachdem das gescheitert war, vor der Mehrheit der Bündnismitglieder kapituliert und das Bündnis verlassen.

Bei der Demonstration saß dann ein Grüppchen mit einer kleinen Israelfahne am Rande und rief unter anderem »Gegen jeden Antisemitismus«, was für etliche Demonstrationsteilnehmer offenbar unerträglich war. Es bildete sich ein Mob, der die Handvoll Gegendemonstranten umzingelte und physisch attackierte. Nach dem Übergriff rief ein aggressiver Teilnehmer dieses Mobs die Parolen »Lang lebe Hamas« und »Lang leben die al-Qassam-Brigaden«. Die al-Qassam-Brigaden sind der militärische Arm der Hamas, der für das antisemitische Pogrom am 7. Oktober verantwortlich war.

In Bochum wurde bei einer Antifa-Demonstration am Vorabend des 1. Mai der aus marxistisch-leninistischen Jugendgruppen bestehende Block ausgeschlossen.

Es ist eine niederschmetternde Erkenntnis, dass es im Jahr 2024 fast alltäglich geworden ist, diese Art das Pogrom als legitimen Akt der Befreiung zu zelebrieren. Doch es regte sich auch Widerstand. In Bochum wurde bei einer Antifa-Demonstration am Vorabend des 1. Mai der aus marxistisch-leninistischen Jugendgruppen bestehende Block ausgeschlossen, aus dem »From the river to the sea«- und »Intifada«-Sprechchöre zu hören gewesen waren. Und auch auf der Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Berlin-Mitte wurde der »Klassenkampfblock« – aus dem praktisch nur »Free Palestine« zu hören war – auf Distanz gehalten und schließlich von der Demonstration ausgeschlossen.