Nelkenrevolution - die Mutter aller Blumenrevolutionen

Homestory #17/24

Die Umwälzung vor 50 Jahren in Portugal ging als Nelkenrevolution in die Geschichte ein - und war damit zugleich die Mutter aller Blumenrevolutionen. Dem »Jungle World«-Kollektiv fehlt zwar militärische Hardware für einen Überraschungscoup, wie er den linken Soldaten und Offizieren damals in Portugal gelang. Aber über die Blume, nach der unsere Revolution dereinst benannt werden soll, kann man sich ja schon mal Gedanken machen.

Zunächst wurden Revolutionen so schlicht wie phantasielos nach dem Land benannt, in dem sie stattfanden: Englische, Französische, Amerikanische, Russische Revolution.

Was 1974 in Portugal geschah, wurde aber nicht als Portugiesische, sondern als Nelkenrevolution bekannt – sie wurde die Mutter aller Blumenrevolutionen. Es folgten unter anderem die Rosenrevolution (Georgien 2003), die Tulpen­revolution (Kirgistan 2005) und die Jasminrevolution (Tunesien 2010/11).

Rückblickend wirft das die Frage auf, welche Blume wohl zu Cromwell, Robespierre, Washington (bekannt für sein Interesse an der Nutzpflanze Cannabis, aber das ist ein anderes Thema) und Lenin passen würde. Mao forderte dereinst: »Lasst 100 Blumen blühen, lasst 100 Schulen miteinander wetteifern« – aber als die Vielfalt der Meinungen unkontrollierbar zu werden drohte, griff er schnell wieder zur Sense.

Mao forderte dereinst: »Lasst 100 Blumen blühen, lasst 100 Schulen miteinander wetteifern« – aber als die Vielfalt der Meinungen unkontrollierbar zu werden drohte, griff er schnell wieder zur Sense.

So was würden wir natürlich nicht tun. Ohnehin scheint die große Jungle World-Revolution noch in weiter Ferne zu liegen, denn leider fehlt uns, wenngleich wir oft als Bellizist:innen gescholten werden, die militärische Hardware für einen Überraschungscoup, wie er den linken Soldaten und Offizieren in Portugal gelang.

Aber über die Blume, nach der unsere Revolution dereinst benannt werden soll, kann man sich ja schon mal Gedanken machen. Zwar ist das Verhältnis des Kollektivs zu Pflanzen etwas schwierig, allenfalls solche, die sehr lange Trockenzeiten überstehen können, haben eine Überlebenschance in den Redaktionsräumen. Eine Bananenpflanze ging binnen zwei Wochen ein, eine Bananenrevolution und -repu­blik haben Sie von uns also nicht zu fürchten. So etwas wie eine Lieblingsblume oder -pflanze haben die meisten aber dann doch.

Allerdings: Ranunkelrevolution – will man wirklich unter diesem Namen in die Geschichte eingehen? Eisenhutrevolution? Klingt zu deutsch und militaristisch. Tollkirschrevolution? Reizvoll, aber ein zu leichtes Ziel für konterrevolutionäre Propaganda. Derzeit geht der Trend im Kollektiv zur Kaktusrevolution. »Die brauchen nicht viel Zuwendung«, befindet eine Kollegin.

Ja, glauben Sie bloß nicht, dass Sie sich nach der Revolution zurücklehnen können. Selbstverwaltung und so, ein/e jede/r sei seine eigene Gießkanne. Mit diesem Namen würden wir übrigens auch einen historischen Rückbezug zur Mutter der Blumenrevolutionen schaffen, Kakteengewächse gehören nämlich zur Ordnung der Nelkenartigen.