Die akademischen Wurzeln der »Jungle World«-Redaktion sind weitverzweigt

Homestory #02/24

»Haben Sie überhaupt studiert?« Eine Frage, die von Konservativen oft gestellt wird, unter Linken hingegen meist verpönt ist. Die Mitglieder der »Jungle World«-Redaktion haben sie dennoch gestellt - und zwar sich gegenseitig. Und gleich noch mit »Wo?« und »Bei wem?« präzisiert.
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Gerüchte besagen, die Jungle World habe geschlossen bei Theodor W. Adorno studiert, aber in Wahrheit haut das natürlich nicht hin. Tatsächlich sind die akademischen Wurzeln der Redaktion weitverzweigt, aber bis in die Zeiten von Adorno reichen sie nicht zurück. Die Kritische Theorie hat für viele von uns im Studium aber dennoch eine nicht ganz unwichtige Rolle gespielt.

Studiert wurde alles mögliche; Politologie, Linguistik, Kunst, Klimawissenschaften sind dabei, aber auch Philosophie, Publizistik, Kultur- und Sozialwissenschaften; Studienorte waren Berlin, Berlin und nochmal Berlin, sowie Hamburg, Marburg, Göttingen, Münster, Bremen und Havanna.

Die Liste der Professoren und Professorinnen, Dozenten und Dozentinnen reicht von Samuel Salzborn, Yael Kupferberg, Friedrich Kittler, Karin Hirdina, Eva-Maria Ziege über Rudolf Hickel, Christoph Türcke, Stephan Quensel, Margaret Wirth, Freerk Huisken bis zu Detlef Saurien, Helmut Reichelt, Peter Bürger, Jörg Huffschmid, Christina von Braun, Stephan Ruß-Mohl, Otto Klemm und Marxlenin Valdés – mit Philosophieprofs als Eltern hat es die junge Frau zu diesem Vornamen gebracht. Und viele andere mehr.

Auch bei dem Kollegen, der am Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin studiert hat, lief es gut. Die Zeit von Wolfgang Benz am Institut war schon Jahre vorbei.

Mitten in den sogenannten Historikerstreit 2.0 hinein geriet eine Kollegin, die sowohl bei Jürgen Zimmerer als auch bei Birthe Kundrus studierte und sich klar gegen die Thesen des Erstgenannten positionierte. Auf eine stille Unikarriere blickt eine Kollegin zurück, die bei dem Politologen Georg Fülberth in Marburg studiert hat. In einem Gutachten empfahl er sie für ein Stipendium. Fülberth lobte ihre zurückhaltende Art und »dass ich zwar nicht viel sage, das wenige aber sei toll durchdacht«. Das Stipendium hat sie dann auch gekriegt.

Auch bei dem Kollegen, der am Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin studiert hat, lief es gut. Die Zeit von Wolfgang Benz am Institut war schon Jahre vorbei; statt Antisemitismusbagatellisierung über sich ergehen lassen zu müssen, ging es für ihn um Neue Rechte, Kritische Theorie, Psychoanalyse, Eike Geisel und um Zeitzeugenberichten, allen voran um Jean Améry.

Weit von ihren akademischen roots entfernt hat sich eine Kollegin, die die Vorlesungen der Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch an der FU Berlin besucht hat, die von ihr mitbegründete feministische Linguistik aber nicht wirklich in die Praxis umsetzen mag.

Wenig harmonisch ging es an der Universität der Künste in Berlin zu. Ein Kollege hat dort die Seminare von Alexander García Düttmann besucht, fand ihn und seine Art zwar gut, geriet aber mit ihm in einen Dauerstreit – über Adorno.