Die Jungle World stößt mit einem surrealistischen Cognac aufs neue Jahr an

Homestory #01/24

Die Redaktion Ihrer Lieblingszeitung hält es zum Jahreswechsel mit Rémy Martin, André Breton, Siegmund Freud, Karl Marx, Arthur Rimbaud und Louis Antoine de Saint-Just, während sie Putin und Milei, die Hamas und die iranischen Ayatollahs auf den Müllhaufen der Geschichte wünscht.
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Happy New Year, geneigte Leserinnen und Leser – kein Jahresanfang ohne gute Wünsche, das gilt auch für die erste Ausgabe Ihrer Lieblingszeitung nach der letzten des Vorjahrs! Zwar führen allerorten die Miesepeter und -petras das große Wort und versuchen, allen das neue Jahr madig zu machen, bevor es richtig begonnen hat.

Tatsächlich hat das alte ja allerlei – ähemm – Altlasten hinterlassen, die einem ungebremsten »pursuit of happiness« im Weg zu stehen scheinen: Die Revolte gegen die iranischen Ayatollahs wurde im vorigen Jahr niedergeschlagen, der Putin’sche Angriffskrieg in der Ukraine setzte sich unvermindert fort, in der Sahelzone folgten weitere Militärputsche den aus den vorangegangenen Jahren, ein rechtspopulistischer Clown machte mit Kettensäge Wahlkampf in Argentinien und wurde tatsächlich Präsident, zu schlechter Letzt beging die Hamas die Massaker vom 7. Oktober gegen Israelis.

Aber das alte Jahr ist unwiderruflich vorbei, das ist das Gute, und die Geschichte des neuen ist noch nicht geschrieben. Wer weiß, was es an guten oder auch schlechten Überraschungen bringen wird.

Der Winzer Rémy Martin gründete vor genau 300 Jahren in der Stadt Cognac das Haus zur Produktion des gleichnamigen hochprozentigen Getränks zur Steigerung der Glücksgefühle, das die Welt erobern sollte; in deutschen Landen reichte es im selben Jahr gerade mal zur Etablierung des Haller Löwenbräus in Schwäbisch Hall.

Was es in jedem Fall mit sich bringt, sind runde Jubiläen aller Art im Hinblick auf das Glück, und nicht alle von ihnen gehören auf den Müllhaufen der Geschichte. Beispielsweise gründete der Winzer Rémy Martin vor genau 300 Jahren in der Stadt Cognac das Haus zur Produktion des gleichnamigen hochprozentigen Getränks zur Steigerung der Glücksgefühle, das die Welt erobern sollte; in deutschen Landen reichte es im selben Jahr gerade mal zur Etablierung des Haller Löwenbräus in Schwäbisch Hall. 100 Jahre später, am 1. Januar 1824, wurden in Preußen die ersten öffentlichen Briefkästen aufgestellt, unter anderem zur Auslieferung von Glückwünschen in alle Welt, aber der Cognac dürfte den Briefkasten locker überleben, dessen Demontage wegen digitaler Überforderung bereits vor Jahren begonnen hat.

Abermals 100 Jahre später, 1924, veröffentlichte André Breton »Das surrealistische Manifest«. Unter dem Einfluss der Theorien Sigmund Freuds wollten er und die Surrealisten der Poesie einen revolutionären Charakter verleihen, um, wie Breton später formulierte, die Welt zu verändern (Marx) und zugleich das Leben zu ­ändern (Rimbaud). Bereits 1794 – ein weiteres, wenngleich nicht ganz so rundes Jubiläum – hatte Saint Just dekretiert: »Das Glück ist ein neuer Gedanke in Europa!« In diesem Sinne: Happy New Year!