Joe Bidens Inflation Reduction Act ist ein Anfang ernstzunehmender Klimapolitik

Subventionen und Sabotage

Der vor einem Jahr von US-Präsident Joe Biden unterzeichnete Inflation Reduction Act zeigt, dass der Einstieg in eine ernstzunehmende Klimapolitik gar nicht so schwer ist.
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Zu den Schwächen, die auch viele Fans der Amtsführung Donald Trumps attestieren, gehört dessen Unwille, sich mit Details und Dokumenten zu befassen. Nicht zuletzt deshalb fiel die legislative Bilanz seiner Präsidentschaft dürftig aus. Das soll sich ändern, falls Trump oder auch der ebenfalls nicht als fleißig und detailfreudig bekannte Ron DeSantis im November 2024 gewählt werden ­sollte.

Das Pamphlet »Mandate for Leadership – The Conservative Promise« des Project 2025, erstellt von 400 Expert:innen, darunter zahlreichen Mitarbeiter:innen Donald Trumps während dessen Präsidentschaft, bringt es auf 920 Seiten, die nicht an detaillierten Ausführungen sparen. Um ein offizielles Parteiprogramm der Republikaner handelt es sich nicht, federführend war jedoch der einflussreiche rechte Think Tank Heritage Foundation. Es dürfte die Leitlinien unter einer zukünftigen republikanischen Präsidentschaft wieder­geben – und die wären in der Klimapolitik katastrophal.

Unter dem Motto »Die Fokussierung auf Klimawandel und grüne Subventionen beenden« soll die Klimaschutzpolitik der Regierung Joe Bidens zurückgenommen und die Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency weitgehend entmachtet werden. Kein Ausbau der Stromnetze für erneuerbare Energien, weiter Nutzung fossiler Brennstoffe inklusive Kohle – es ist ein Programm zur Förderung der globalen Erwärmung.

Project 2025 trat Ende Juli an die Öffentlichkeit, wenige Wochen vor dem ersten Jahrestag der Unterzeichnung des Inflation Reduction Act (IRA) durch Biden am 16. August 2022. Das Gesetz ist nur zum Teil ein Klimaschutzprogramm, die Finanzmittel wurden wegen der für die Verabschiedung im Kongress notwendigen Kompromisse erheblich reduziert. Dennoch handelt es sich um das mit Abstand ambitionierteste Klimaschutzgesetz eines Industriestaats, und seriösen Schätzungen zufolge wird es Wirkung zeigen.

Unter dem Motto »Die Fokussierung auf Klimawandel und grüne Subventionen beenden« soll die Klimaschutzpolitik der Regierung Joe Bidens zurückgenommen und die Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency weitgehend entmachtet werden.

Nach Angaben der unabhängigen Rhodium Group wird der IRA die Treibhausgasemissionen der USA »wahrscheinlich« bis 2030 um 32 bis 42 Prozent unter das Niveau von 2005 senken. Mit nun zum Jahrestag der Gesetzesunterzeichnung von vielen Demokrat:innen angemahnten weiteren Klimaschutzmaßnahmen wären die angestrebten 50 Prozent Emissionsreduzierung bis 2030 wohl erreichbar. Es gibt aber auch jenseits eines republikanischen Wahlsiegs Risiken. Das IRA sieht vornehmlich Subventionen für Bürger:innen und Unternehmen vor, um die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern. Wer weniger als 80 Prozent des Medianeinkommens seines Wohngebiets hat, erhält sämtliche Kosten für eine Wärmepumpe per Steuernachlass erstattet, bei 150 Prozent des Medianeinkommens sind es immer noch 30 Prozent; ohnehin sind die ­Geräte inklusive Einbau mit etwa 6.000 bis höchstens 30.000 US-Dollar (mit eigener Solarstromversorgung) deutlich billiger als in Deutschland.

Es ist in den USA daher schlicht vernünftig, sich für eine Wärmepumpe zu entscheiden, aber Vernunft ist unter Rechten zu einem raren Gut geworden. Vielen von ihnen gilt der Klimaschutz als Verschwörung einer »woken Elite«, die es um jeden Preis zu bekämpfen gilt. Daher ist auch nicht sicher, dass die per Subventionen in republikanisch dominierten Gebieten geschaffenen Arbeitsplätze ein Umdenken ­herbeiführen werden. Dennoch zeigt das IRA, dass der Einstieg in eine ernstzunehmende Klimapolitik möglich und gar nicht so schwer ist.

Man muss nur Abstand davon nehmen, Subventionen entsprechend der Lautstärke des Gejammers der Unternehmerverbände zu verteilen, wie es in Deutschland weiterhin üblich ist, und sie stattdessen als politisches Steuerungsinstrument nutzen. Zudem wird Klimaschutz in den USA nicht als von den Bürger:innen darzubringendes Opfer verstanden, für das die Ärmsten vielleicht einen gewissen sozialen Ausgleich er­halten. Das IRA sieht die Schaffung gut bezahlter Arbeitsplätze und eine Verbesserung der Infrastruktur insbesondere in ärmeren Wohngegenden vor, der Rhodium Group zufolge werden die jährlichen Energie­kosten pro Haushalt 2030 um durchschnittlich 112 US-Dollar gesunken sein.

Die dürftigen Umfragewerte Bidens zeigen, dass die Verbindung von Klima- und Sozialpolitik keine schnelle Popularität bringt. Die mit viel Liebe zum Detail von Project 2025 ausgearbeitete Sabotage des Klimaschutzes deutet aber darauf hin, dass die US-Rechte hier eine Gefahr sieht.