Juliane Nagel, drogenpolitische Sprecherin der sächsischen Linkspartei, im Gespräch über den Kampf für Drugchecking in Leipzig

»Verunreinigte Substanzen sind ein Problem«

Ende Juni verstarben zwei junge Frauen in Ostdeutschland, mutmaßlich nach dem Konsum der Ecstasy-Pille »Blue Punisher«. Um solche Fälle zu verhindern, so die Meinung vieler Drogen- und Suchtexpert:innen, müsste es ein flächendeckendes Angebot für Drugchecking geben. Derartige Einrichtungen gibt es bereits in Thüringen und Berlin. Dort können Drogenkonsument:innen ihre Substanzen anonym abgeben, diese werden dann von einem Labor auf Inhalt, Verschmutzungen und Reinheitsgrad getestet. In Sachsen ist das offensichtlich nicht erwünscht. Dort beendete vorige Woche das Sozialministerium eine Drugchecking-Initiative der Stadt Leipzig. Die »Jungle World« sprach mit Juliane Nagel, der drogenpolitischen Sprecherin der Fraktion der Linkspartei im sächsischen Landtag. Sie hat sich für ein Leipziger Modellprojekt eingesetzt.

Wie weit waren die Planungen für ein Drugchecking-Projekt in Leipzig vorangeschritten?
Wir hatten im vorigen Jahr begonnen, Gespräche mit Trägern der Drogenhilfe zu führen, wie ein Modell für Leipzig aussehen könnte: mit stationärem Labor, mobilem Angebot in Partysettings und sozialpädagogischer Beratung. Auf unsere Initiative hin hat dann der Stadtrat die Verwaltung beauftragt, ein Konzept zu erstellen. Dafür gab es eine große politische Mehrheit. Dieser Auftrag liegt seitdem beim Gesundheitsamt, Geld dafür hatte der Stadtrat auch bewilligt. Ich hatte immer gehofft, dass der Bund kommunale Modellprojekte erlaubt, ohne dass das Land dazwischengeschaltet wird. Das ist jetzt leider anders gekommen – in Sachsen haben wir es in der Hinsicht mit einer so konservativen CDU in der Landesregierung nicht leicht.

Dabei wird das zuständige sächsische Sozialministerium von der SPD geführt. Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat kürzlich gesagt, er sei überzeugt, dass Drugchecking helfe, Drogentote zu vermeiden. Überrascht Sie der Unterschied bei der Beurteilung von Drugchecking zwischen dem sächsischen Sozialministerium und dem Bundesgesundheitsministerium?
Die Beurteilung des Sozialministeriums, die besagte, dass Drugchecking den Konsum zu erhöhen drohe, empört mich vor allem fachlich. Sie widerspricht den Erfahrungen bestehender Projekte in Österreich, der Schweiz, aber auch in Thüringen oder Berlin. Es ist erwiesen, dass die Ergebnisse der Proben dazu führen, dass Menschen die Finger von verunreinigten und überdosierten Substanzen lassen. Beides ist auch in Leipzig ein Problem. In Sachsen gab es im vergangenen Jahr mindestens 24 Drogentote. Aber die sächsische SPD lässt sich von ihrem Koalitionspartner CDU treiben, die hier derzeit auch gegen die Entkriminalisierung von Cannabis agitiert.

Wie geht es nun in Leipzig weiter?
Wir werden natürlich weiter Druck machen und versuchen, die Debatte sachorientiert zu führen, zum Beispiel mittels einer Sachverständigenanhörung im Landtag. Viele Akteure der Drogenhilfe plädieren seit langem für Drugchecking als ein Mittel zur Schadensminimierung. Wir haben jahrelang für die Eta­blierung von Drogenkonsumräumen in Leipzig gekämpft, das wird jetzt kommen und die Landesregierung wird das auch zulassen. Das werden wir beim Drugchecking auch schaffen!