Der Journalist Ihar Karnei wurde in Belarus verhaftet

Einer von 36

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Die Zensur in Belarus wird noch strenger: Am Montag voriger Woche sei der Journalist Ihar Karnei in der Hauptstadt Minsk von den belarussischen Behörden verhaftet worden, teilte der belarussische Journalistenverband mit. Der 55jährige arbeitete seit 2000 freiberuflich für Radio Swaboda, den belarussischen Dienst des in Prag ansässigen Senders Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL). In Belarus sitzen derzeit mindestens 36 Journalisten hinter Gittern.

Im Jahr 2020 gewann Aleksandr Lukaschenko zum sechsten Mal in Folge die Präsidentschaftswahl, zumindest nach offiziellen Angaben. Wegen mutmaßlicher Wahlfälschung kam es zu energischen Protesten von Hunderttausenden, denen das Regime mit brutaler Repression begegnete; mehr als 35 000 Menschen wurden festgenommen, Tausende in Gewahrsam von der Polizei misshandelt. Dutzende NGOs und unabhängige Medien wurden geschlossen. Viele Kolleg:innen Karneis verließen das Land. Er selbst blieb trotz der Umstände an Ort und Stelle und berichtete weiter für RFE/RL.

Karnei war während seiner Berichterstattung über die Proteste im Jahr 2020 bereits mehrmals festgenommen worden.

Für seine Arbeit, besonders in Ländern mit eingeschränkter Pressefreiheit, wird der Sender von der United States Agency for Global Media unterstützt, einer vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Behörde. Das belarussische Innen­ministerium hat RFE/RL, ebenso wie die meisten unabhängigen Medien des Landes, als »extremistisch« eingestuft; die Arbeit für solche Medien oder die Verbreitung von deren Informationen wird mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft. Karnei selbst war während seiner Berichterstattung über die Proteste im Jahr 2020 bereits mehrmals festgenommen worden. Eine offizielle Begründung für Karneis Verhaftung vergangene Woche gab es nicht.

Seine Wohnung wurde nach Aussage seiner Tochter von der Polizei durchsucht, die Mobiltelefone und Computer beschlagnahmt hat. Nach Angaben von Wjasna (englisch: Viasna), der ältesten und bekanntesten Menschenrechtsgruppe des Landes, wurde der Journalist in Minsk im Gefängnis Okrestino interniert, das für seine menschenunwürdigen Haftbedingungen und die Folter von Insassen berüchtigt ist. Viasna zufolge wird weder Anwälten noch Angehörigen Zugang zu dem Journalisten gewährt.