Samstag, 29.10.2022 / 11:42 Uhr

Sudan, ein Jahr nach dem Staatstreich

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Aus dem Netz

Für Qantara schreibt Jennifer Holleis über die Lage im Sudan:
 

Ein Jahr ist das nun her und der Sudan kommt nicht zur Ruhe. Proteste wie der damalige sind inzwischen Alltag geworden. Zivilisten demonstrieren immer wieder gegen die Militärregierung. "Hier in Khartum werden sogar Pläne herumgereicht, wann diesen Monat wo welcher Protest stattfindet", berichtet Christine Röhrs, Repräsentantin der deutschen SPD-nahen Friedrich-Ebert Stiftung (FES) im Sudan. Gerade letzten Donnerstag war es wieder soweit. "Morgens waren alle hektisch damit beschäftigt, zur Arbeit zu kommen, bevor Straßen wieder lahmgelegt werden oder man nicht mehr durchkommt", so Röhrs.

Doch die Machthaber vom Militär reagieren immer wieder brutal auf aufkeimende Proteste. Zahlen des Zentralen Komitees der sudanesischen Ärzte legen nahe, dass bereits 120 Personen getötet wurden, 7000 sind im Laufe der letzten zwölf Monate verletzt worden. "Das sind fortgesetzte Proteste der Zivilgesellschaft, getragen vor allem von der Jugend", so Röhrs. (...)

Ein funktionierendes politisches System ist in dem einen Jahr nicht entstanden. Die Protestbewegung und die Militärregierung befinden sich in einem Patt, der jeden politischen Prozess lahmlegt. Nach Burhans Machtergreifung wurde Hamdok erst verhaftet und dann zwar wieder eingesetzt, kurz danach stellte er das Amt aber wieder zur Verfügung. (...)

Inzwischen spricht die Opposition auf der Straße auch nicht mehr mit einer Stimme: Sie hat sich aufgespalten in einen Teil, der das Militär komplett ablehnt und einen anderen, der es unterstützt. Keine der Fraktionen hat einen eigenen Kandidaten für den Posten des Premierministers aufgestellt. 

Gespaltene Protestbewegung

Kurz vor dem Jahrestag berichten diverse Medien, dass bei Gesprächen ein Kompromiss zur Einsetzung eines neuen zivilen Premierministers erreicht worden wäre. Auch die Macht des Militärs soll bei dieser Kompromisslösung eingeschränkt werden.

Doch das Modell wirkt nicht auf alle überzeugend. "Die sudanesischen Offiziellen sind von einem demokratischen Prozess so weit entfernt wie noch nie", sagt Sami Hamdi von der Organisation "International Interest".