Aris Fioretos’ »Die dünnen Götter« schildert die Vorgeschichte des Punk in New York

Die blanken Jahre

Vom Gitarrenhimmel über New York auf die harte Yogamatte Berlins: Aris Fioretos erzählt in »Die dünnen Götter« von den Anfängen der Punkrock-Szene in Manhattan, aber auch vom Leben nach dem Rausch.

Von seiner unbekannten Tochter weiß der Vater nur, dass sie Rihanna hört. Als die Mutter stirbt, bittet diese ihn, dem elfjährigen Mädchen in einem Brief aus seinem Leben zu erzählen. Ache Middler, in die Jahre gekommener Punkveteran, öffnet die Schleusen der Erinnerung: an seine Jugend im Provinznest Delaware, die Drogensucht des Zwillingsbruders, den Aufbruch mit seinem Kumpel Raff nach New York City, die Besessenheit von Rimbaud und E-Gitarren.

Aris Fioretos, ein schwedischer Autor griechisch-österreichischer Herkunft, traut sich was mit seinem Roman »Die dünnen Götter«. Unverhohlen eignet er sich Teile der Vita einer der großen Figuren der Punkrock-Geschichte an: In Ache Middler ist deutlich Tom Verlaine erkennbar. Der war Gitarrist und Frontmann keiner geringeren Band als Television – im Roman »Transmission« –, ­jener vierköpfigen Formation, die in Manhattan Anfang der Siebziger den Punk vorbereitet hat.

Maßgeblich beteiligt daran war sein Jugendfreund und Bandkollege Richard Hell, der anders als Verlaine dem Rockstar-Leben mit Partys, Groupies, Heroin frönte. So wie man Hell mehr oder weniger deutlich in der Figur des Raff ausmacht, entdeckt man in Trishs knochigen Konturen Patti Smith, mit der Verlaine eine Liebesbeziehung und lebenslange Künstlerfreundschaft verband. Im vergangenen Jahr starb Verlaine im Alter von 73 Jahren.

»Die dünnen Götter« versucht gar nicht erst, authen­tisch zu sein. Die Erzählung konzentriert sich mehr auf das Erleben des von grenzenloser Hingabe an die von Musik beseelten Protagonisten als auf die Szene und gleicht damit eher einem Künstler- als einem Poproman.

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