07.03.2024
Fahrer von Angeberkarossen ­haben oft einen unangenehmen Charakter

Vorsicht, Wildsau am Steuer

Eine finnische Studie zeigt: Männer – nicht jedoch Frauen – mit einer egozentrischen, streitlustigen, sturen, unverträglichen und empathielosen Persönlichkeit fahren überdurchschnittlich häufig statusträchtige Autos etwa von Audi, BMW oder Mercedes.

Wer häufig als Verkehrsteil­nehmer:in zweiter Klasse, sprich: ohne Auto unterwegs ist, weiß, worauf es neben dem allgemeinen Irrsinn auf den Straßen noch mal besonders zu achten gilt: ein Pinneberger Nummernschild etwa oder dieser an Autoscooter erinnernde Karosserieschutz aus Noppenkunststoff, der signalisiert, dass die Person am Steuer nicht einmal um des Lacks willen umsichtig zu fahren gedenkt. Und natürlich bestimmte Automarken und -typen (Stichwort: Großstadtpanzer mit BMW-Logo) – all das sind Warnzeichen, bei denen man lieber einen extragroßen Sicherheitsabstand einhalten sollte.

Dass diese Faustregel nicht allein auf einer – wenn auch sehr umfangreichen – anekdotischen Datensammlung fußt, zeigt eine jüngst veröffentlichte Studie des Sozialpsychologen Jan-Erik Lönnqvist von der Universität Helsinki. Auch er machte erst einmal selbst die Beobachtung: »Mir fiel auf, dass jene, die mit größter Wahrscheinlichkeit bei Rot fuhren, keinen Platz für Fußgänger:innen machten.« Dass der Forscher dies eigens erwähnt, macht deutlich, dass er nicht aus Deutschland kommt. Er beobachtete auch, dass jene »generell rücksichtslos und zu schnell fuhren«, die mit »schnellen deutschen Autos« unterwegs waren.

Man könnte eine Korrelation zwischen unangenehmen Charaktereigenschaften, ergo rücksichtslosem Fahren, und dem dicken Geldbeutel vermuten, den es für entsprechende Autos braucht.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, befragte Lönnqvists Arbeitsgruppe rund 2.000 finnische PKW-Besitzer:innen zu ihren Autos, Einkommensverhältnissen, Konsumgewohnheiten und insbesondere Charaktermerkmalen. Unterraschende Erkenntnis: Männer – nicht jedoch Frauen – mit einer egozentrischen, streitlustigen, sturen, unverträglichen und empathielosen Persönlichkeit fahren überdurchschnittlich häufig statusträchtige Autos etwa von Audi, BMW oder Mercedes.

Dass Fahrer (kein generisches Maskulinum) von Angeberkarossen öfter gegen Verkehrsregeln verstoßen, haben bereits frühere Untersuchungen ergeben. Zahlen aus Deutschland untermauern das: Die Flensburger Punktekartei wird von FDP-Kutschen der Marke Porsche angeführt, dahinter folgen Jaguar, Audi, BMW und die Protzungetüme von Land Rover.

Man könnte eine Korrelation zwischen unangenehmen Charaktereigenschaften, ergo rücksichtslosem Fahren, und dem dicken Geldbeutel vermuten, den es für entsprechende Autos braucht. Das hat die Studie nicht untersucht, sie weist aber darauf hin, dass die Einkommensunterschiede in Finnland relativ gering sind und Luxuskonsum dort weniger verbreitet ist. Möglicherweise gehe in solchen Ländern die Entscheidung für Nobelmarken deshalb mit einem besonders starken Geltungsdrang einher, mutmaßen die Forscher.

Da die Erfahrung auf hiesigen Straßen allerdings anderes zeigt, möchte man die Forscher:innen gerne nach Deutschland einladen, um die Gegenthese zu untersuchen: dass nämlich neoliberale Ungleichheit mehr Arschlöcher mit Arschlochautos hervorbringt.