Massenmörder als Gehilfen
Der Münchner Waldfriedhof liegt abgelegen im äußersten Westen der Stadt. Die Nazi-Regisseurin Leni Riefenstahl ist hier begraben, der vergessene Literaturnobelpreisträger Paul Heyse, der Kinderbuchautor Michael Ende. Eines der auffälligsten Gräber aber gehört Stepan Bandera. Obwohl häufig verwüstet, hat man es immer wieder mit akkurat aufgereihten blau-gelben Fahnen hergerichtet. Vielen Menschen vornehmlich im Westen der Ukraine gilt der hier Bestattete als Held und Freiheitskämpfer. Für andere bleibt er ein Faschist. Die russische Propaganda bezeichnet seit dem Euromaidan 2013 die Ukrainer gern pauschal als »Banderowzy«. Die Verleumdung des Nachbarlands als Staat von Faschisten spielte auch für die Rechtfertigung des im Februar 2022 begonnenen Angriffskriegs gegen die Ukraine eine wichtige Rolle.
Tatsächlich kollaborierte die von Bandera geführte Organisation OUN-B im Zweiten Weltkrieg zunächst mit den Deutschen, war auch an der Verfolgung von Juden beteiligt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging der nun von den Sowjets gesuchte Bandera ins Exil nach München. Sein dortiger zunächst mysteriöser Tod 1959 stellte sich später als ein spektakulärer Agentenmord durch den sowjetischen Geheimdienst KGB heraus. Die Aufklärung des Falles nach der Flucht des Attentäters in den Westen sowie dessen Verurteilung 1962 hatten indirekt auch Einfluss auf die Urteile in den NS-Prozessen der sechziger Jahre.
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