Der syrische Diktator Bashar al-Assad war auf Staatsbesuch in China

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Der syrische Diktator Bashar al-Assad war bei einem Staatsbesuch in China, wo eine »strategische Partnerschaft« zwischen beiden Ländern verkündet wurde.
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Der Westen mag in einer Krise stecken – aber mit seinen systemischen Gegnern ist es auch nicht weit her. Womöglich hat es ja etwas damit zu tun, dass man an seinem Gegenüber wachsen, aber eben auch schrumpfen kann. Erst hat der russische Präsident Wladimir Putin mit großem Bahnhof – das Wort passt doppelt, der Gast kam im Panzerzug – Nordkoreas Diktator Kim Jong-un empfangen, nun hat sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping Syriens Diktator Bashar al-Assad nach China geholt und das Ereignis demonstrativ würdigen lassen.

Die Ankunft Assads und seiner Frau Asma in China wurde im Internet per Livestream übertragen. Die breit lächelnden und glücklich wirkenden Gesichter des Diktatorenehepaars beim Blumenüberreichen und Folkloretanz-Gucken kann man vielleicht nachvollziehen, wenn man daran denkt, dass es für die Assads sehr schwierig geworden ist, tatsächlich einmal aus Syrien herauszukommen. Was die unbezweifelbaren weltpolitischen Ambitionen von Putin und Xi angeht, wecken ihre Gesprächspartner aber eher Skepsis. Wo Putin mittlerweile vermutlich wirklich auf die nordkoreanische Rüstungsindustrie als Rettungsanker hoffen muss, scheint es Xi vor allem darum zu gehen, den USA ein Zeichen des Trotzes zu senden.

Die »chinesisch-syrische strategische Partnerschaft«, die mit Assads China-Besuch verkündet wurde, beeindruckt eher nicht. »Strategische Partnerschaft« – das ist so ein Wortgebilde, von dem sich tiefsinnige Politkommentare nähren. Und die chinesische ­Global Times, ein wichtiges Sprachrohr der Regierung, spricht von der »großen praktischen Bedeutung«, die der Schritt nach Meinung von »Experten« habe. Das macht allerdings stutzig; geht man davon aus, dass Propaganda gerne das Gegenteil des eigentlichen Sachverhalts verkündet, könnte man schnell zu dem Schluss kommen, dass der Besuch Assads in China und die künftige Zusam­menarbeit möglicherweise gar keine praktische Bedeutung besitzen.

Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua meldete, dass der »Import hochwertiger landwirtschaftlicher Produkte« aus Syrien gesteigert werden solle. In der Realität ist jedoch das ein­zige nennenswerte Exportprodukt Syriens als neuem Narco-Staat die Droge Captagon.

Auch das Raunen über die großen strategischen Ziele der chinesischen Belt and Road Initiative, auch bekannt als »Neue Seidenstraße«, die nach gigantischen Investitionen mittlerweile eher vor sich hindümpelt, hilft da nicht weiter. Zwar ist Assads Syrien der Initiative 2022 beigetreten, aber der allgegenwärtige Verweis auf den syrischen Mittelmeerhafen Latakia als künftigen Umschlagplatz von China ausgehender Warenströme ist schlicht realitätsfern. Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua meldete, dass auch der »Import hochwertiger landwirtschaftlicher Produkte« aus Syrien gesteigert werden solle. In der Realität ist jedoch das ein­zige nennenswerte Exportprodukt Syriens als neuem Narco-Staat die Droge Captagon, ein Amphetamin. das kein Landwirtschaftsprodukt im engeren Sinn darstellt.

Ein ökonomisches Interesse an dem bitterarmen und ausge­bluteten syrischen Reststaat, dessen innere Stabilität einzig von iranischen Söldnern und russischen Flugzeugen militärisch garantiert wird, ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt: Was es in Syrien als Rendite oder vielmehr Beute abzugreifen gab, ist unter dem Iran und Russland aufgeteilt. Assad beim Wiederaufbau finanziell zu unterstützen, liefe darauf hinaus, einem unheilbar korrupten und völlig ineffizienten System unzählige Milliarden US-Dollar zu schenken.

Der einzige Ansprechpartner dafür wäre die EU, die mit ihren Hilfsgeldern via UN sowieso schon das karge Überleben der syrischen Restbevölkerung garantiert. Assads Mittel, um Druck auf die EU auszuüben, die Produktion von Flüchtlingen, hat sich allerdings erschöpft: Die Hälfte der Bevölkerung ist auf der Flucht und die Türkei schirmt die nicht von Assad kontrollierte Bevölkerung rund um die Stadt Idlib ab. Assads Regime hat mittelfristig überlebt, aber politisch wie ökonomisch handlungsfähig ist es nicht mehr. Seine bittere Realität wird letztlich von den Sanktionen des Westens bestimmt.

Assad bräuchte Geld, viel Geld. Das wird er von Xi Jinping nicht bekommen, allerdings treffen sich seine Bedürfnisse mit denen Chinas beim Produzieren von Gesten und gegen den Westen und die USA gerichteten Phrasen.

Was Assad bleibt, sind große Gesten und symbolpolitische Triumphe: Er darf jetzt also auch mal woandershin als nach Moskau oder Teheran fahren und sich seit März sogar wieder zum Gruppenfoto der Diktatoren- und Autokratenrunde bei der Arabischen Liga anschließen. Wie fragil seine Diktatur zu Hause ohne den ­iranisch-russischen Schutzschirm wäre, haben einmal mehr die jüngsten Proteste der drusischen Bevölkerung in Suwayda gezeigt. Selbst diese Bevölkerungsgruppe, die Assads Regime nicht grundsätzlich feindlich gegenübersteht, begehrt in der perspektivlosen Misere Syriens immer wieder auf.

Assad bräuchte Geld, viel Geld. Das wird er von Xi Jinping nicht bekommen, allerdings treffen sich seine Bedürfnisse mit denen Chinas beim Produzieren von Gesten und gegen den Westen und die USA gerichteten Phrasen. Für Xi ist dabei besonders wichtig, dass der Besuch Assads ihm erneut die Gelegenheit gibt, sein Interesse am Nahen Osten zu bekunden.

Dort hat er mit den Verhandlungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien unter chinesischer Vermittlung scheinbar einen großen, mühelosen Sieg errungen, und vollmundig spricht man in Peking auch schon von der Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Nicht vergessen sollte man dabei jedoch, dass die USA sich seit geraumer Zeit aus der Region zurückziehen und China mit seinem demonstrativen Inter­esse an der Region dort offene Türen einrennt – die China nicht zuletzt deshalb so weit offen stehen, weil so manches Regime hofft, die Aufmerksamkeit der USA wiederzubekommen.