Der saudische Dissident Rabih Alenezi bekommt im britischen Exil Tipps von der Polizei

Leben wie Snowden

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Einen besonders guten Tipp erhielt kürzlich der saudi-arabische Dissident Rabih Alenezi, der seit Februar im Londoner Exil lebt. Dem Guardian zufolge hatte Alenezi, der einen Diplomatenpass besitzt und zwei Jahrzehnte lang ein hochrangiger Beamter sowie Offizier der saudi-arabischen Polizei war, das Regime von Kronprinz Mohammed bin Salman kritisiert und daraufhin Todesdrohungen erhalten.

In den sozialen Medien spricht er über Befehle zu Menschenrechtsverletzungen, die er verweigert habe, unter anderem 2020 den Befehl, gegen den Stamm der Huwaitat in der Provinz Tabuk hart durchzugreifen. Der Stamm lebt am Wüstenstandort von Prinz Mohammeds geplanter Megacity Neom.

Die Polizei riet Alenezi, nicht in den sozialen Medien aufzutreten.

Nach einem Anruf, bei dem Alenezi in die saudische Botschaft in London eingeladen wurde, um über ein Angebot von fünf Millionen Dollar im Austausch für sein Schweigen zu sprechen, sowie ähnlichen Nachrichten – dem Guardian berichtete er von durchschnittlich 50 Todesdrohungen pro Woche – fühlte sich Alenezi auch in London nicht sicher. Von einem Twitter-Konto, das von einer Person betrieben wurde, die sich Fahad Bin Sattam nannte, wurden 19.000 Follower aufgerufen, Alenezi in London zur Strecke zu bringen.

Wenig später wurde er bei einem Restaurantbesuch von einem Mann verfolgt, der verlangte, dass er seine Internet-Postings einstelle. Alenezi meldete das der Polizei. Einen Monat später erhielt er von der Polizei eine Antwort per E-Mail. Darin wurde ihm geraten, nicht in den sozialen Medien aufzutreten. Er solle stattdessen die Lebensweise des US-Whistleblowers Edward Snowden nachahmen, einem Mitarbeiter des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA), der vor zehn Jahren geheime Daten an den Guardian weitergab.

Es ist völlig unklar, was die Polizei damit meinte – Snowden lebt seit 2013 in Russland im Exil, tritt aber online in der Öffentlichkeit auf –, nach Verständnis für die Vorteile freier Meinungsäußerung und die Gefahren für politische Asylbewerber klingt es nicht. In der E-Mail wurde bestätigt, dass der Twitter-Nutzer von Saudi-Arabien aus operiert hatte, aber damit befinde er sich »außerhalb der britischen Gerichtsbarkeit«. Übrigens ging Alenezi nicht in die saudische Botschaft in London, da er befürchtete, ihm könne das gleiche Schicksal wie Jamal Khashoggi widerfahren, einem Kritiker des saudischen Regimes und Journalisten der Washington Post, der 2018 in der saudischen Botschaft in Istanbul zerstückelt worden war.