Die FDP profitiert nicht davon, dass sie Klimaschutzmaßnahmen verzögert

Der Markt regelt das

Trotz ihres offensichtlichen Schlawinertums beim Klimaschutz wird die FDP als Partei der E-Fools alleine mit den Stimmen der Porsche-Fahrer:innen nicht überleben.
Was kümmert mich der Dax Von

Wäre die FDP ein börsennotiertes Unternehmen, müsste das Management die nächste Aktionärsversammlung fürchten. Gewiss, es war schon mal schlimmer, von 2013 bis 2017 war die Partei nicht im Bundestag vertreten. Doch den Umfragen zufolge kann die FDP derzeit nur noch mit etwa sieben Prozent der Stimmen rechnen, hätte also seit der Bundestagswahl 2021 (11,5 Prozent) mehr als ein Drittel ihres Marktanteils eingebüßt.

Der FDP-Führung muss allerdings zugute gehalten werden, dass die Marktteilnehmer:innen sich unberechenbar verhalten. Für das Angebot, Klimaschutzmaßnahmen zu verzögern, scheint es ja Nachfrage zu geben. So wurde Ende März beim Volksentscheid »Klima­neutral 2030« in Berlin die Zustimmungsquote von 25 Prozent der Wahlberechtigten nicht erreicht.

Zudem fiel die Mehrheit bei den abgegebenen Stimmen mit 50,9 Prozent sehr knapp aus, obwohl die Vorgabe, Berlin müsse bereits 2030 statt 2045 klima­neutral sein, wegen der mangelnden Befugnisse des Bundeslands etwa bei den Leitlinien der Verkehrspolitik weitgehend symbolisch gewesen wäre. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung meint also, man könne sich beim Klimaschutz ruhig Zeit lassen.

Ein erheblicher Teil der Bevölkerung meint, man könne sich beim Klimaschutz ruhig Zeit lassen.

Doch auch dort, wo die FDP in dieser Hinsicht Erfolge erzielt, profitiert sie davon nicht. So darf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) weiterhin in seinem Zuständigkeitsbereich die Emissionsreduktionsziele verfehlen, weil die im Klimaschutzgesetz festgelegte Berechnung nach Sektoren – neben Verkehr Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft – zugunsten einer Gesamtrechnung aufgehoben wurde. Die Europäische Kommission zu zwingen, entgegen einer in langwierigen Verhandlungen erzielten Vereinbarung ab 2035 doch noch mit E-Fuels betriebene Verbrennungsmotoren in der EU zuzulassen, ist ebenfalls eine beachtliche Leistung der FDP.

»Ich freue mich, dass wir eine technologieneutrale Lösung gefunden haben«, jubilierte Wissing auf Twitter. »Der heutige Tag ist ein wichtiges Signal an den Markt, entsprechende Produktionskapazitäten aufzubauen.« Doch werden mit erneuerbaren Energien produzierte E-Fuels nicht annähernd in ausreichendem Maß zu Verfügung stehen, um Millionen von Autos anzutreiben. »Über E-Fuels lacht die Autoindustrie« – diese Überschrift der Wirtschaftswoche fasst die Haltung »des Marktes« zusammen.

Die vermeintliche Technologieoffenheit der FDP ist allzu offensichtliches Schlawinertum, bei dem sich die Partei der E-Fools nicht darauf berufen kann, die Interessen »der Wirtschaft« zu vertreten. Eine Ausnahme ist Porsche, doch die 370 000 Fahrer:innen dieser Marke sind eine zu schmale Basis für erfolgreiche Klientelpolitik.

Offenbar wünschen sich jene, die es mit dem Klimaschutz nicht so eilig haben, seriöser wirkende Ausflüchte, wie sie SPD und Grüne anbieten. Wer den Klimaschutz in Bausch und Bogen ablehnt, wählt lieber gleich AfD.