Homestory

Homestory #24

Homestory Von

Fühlen auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich in letzter Zeit müde, erschöpft, abgespannt, bemerken Sie eine innere Leere, die sich ausbreitet wie ein Schwarzes Loch, und eine wachsende Tendenz zu depressiver Verstimmtheit? Hier der ultimative Tipp Ihrer Lieblingszeitung, die international bekannt für Rat und Tat in allen Lebenslagen ist: Vermeiden Sie zunächst einmal Rationalisierungen ­aller Art, mit denen Sie sich Ihre fatale Gemütslage zu erklären suchen; vielleicht rührt sie gar nicht daher, dass Sie Liebeskummer oder ausufernden Arbeitsstress haben oder sich über den bedauerlichen Zustand der Welt mit Pandemie, Schurkenstaatschefs und Ukraine-Krieg grämen. Möglicherweise ist Ihre Zimmerpflanze an Ihrem Unbehagen schuld.

In einer bahnbrechenden gemeinsamen Studie, die jüngst in der Zeitschrift Building and Environment veröffentlicht wurde, haben die britische Royal Horticultural Society und die University of Read­ing den Einfluss von Zimmerpflanzen auf das Wohlbefinden ­ihrer Besitzer untersucht. Das Ergebnis: Üppige, gesunde Pflanzen steigern das Wohlbefinden, kränkelnde oder abgestorbene können schlimmer sein als gar keine; sie erhöhen den Stresspegel, unter anderem durch die Befürchtung, sie durch falsche Pflege versehentlich um die Ecke zu bringen, und können sogar den Eindruck hervorrufen, die Luftqualität sei schlecht. Eine gesunde Palme wirkte rundum positiv, weil die Teilnehmer der Studie sie mit »Urlaub und glücklichen Erinnerungen« in Verbindung brachten, eine ­vernachlässigte Palme hingegen wurde als eineinhalbmal deprimierender bewertet als die in der Studie verwendeten gesunden Pflanzen. Früheren Studien zufolge lassen mit Pflanzen gefüllte Büros die Arbeitskräfte gar effektiver und produktiver arbeiten. Den höchsten Wohlfühlfaktor besitzen gemäß der neuen Untersuchung »üppige, grüne Pflanzen mit einem abgerundeten, dichten ­Blätterdach«.

Auch in der Redaktion Ihrer Lieblingszeitung sind die Räume voller Pflanzen, nur mit den üppigen, grünen Blätterdächern ist es nicht weit her: Es überwiegen klitzekleine Kakteen. Sie gelten der Studie als »polarisierend«, haben aber jedenfalls den Vorteil, dass sie – unkaputtbar, wie sie sind – das Pflegestresslevel nicht er­höhen. Sollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, hingegen eine ehemals üppige, grüne Zimmerpflanze durch falsche Behandlung – zu viel gegossen, zu wenig gegossen, an einem Platz mit zu viel oder zu wenig Sonne aufgestellt, Fehler kann man viele machen – in ­einen jämmerlichen gelben Stumpf verwandelt haben, tun Sie etwas für Ihr Wohlbefinden: Schnappen Sie sich das Dings, gehen Sie nach draußen und werfen es über den Gartenzaun Ihres Nachbarn. Im Namen der Wissenschaft natürlich.