Homestory

Homestory #29

Es wurde mal wieder höchste Zeit für eine Revolution, die letzten sogenannten – damals 2011 ff. im »Arabischen Frühling« – waren ja schon fast in Vergessenheit geraten. Und warum nicht mal eine »made in Israel«? »Wie die israelische Gesellschaft NSO Group die Spionage revolutioniert hat«, schlagzeilte die französische Zeitung Le Monde jüngst. Vereint mit 16 weiteren Redaktionen im »Projekt Pegasus« hat sie Recherchen über die aufsehenerregende gleichnamige Software angestellt.

Wird die App Pegasus auf einem Smartphone installiert, ermöglicht das einen revolutionären Quantensprung in der Kommunikation. Nicht nur der Nutzer profitiert dann von den vielfältigen Premium-Funktionen des kleinen technologischen Begleiters, auch Dritte können bei Anrufen mithören, E-Mails, SMS und verschlüsselte Chats mitlesen respektive -hören, Fotos und Videos mitgucken, Passwörter mitauslesen und sogar die Kamera und das Mikro unauffällig mitnutzen. Und das nicht nur auf den schnöden Android-Phones, sondern auch auf den als supersicher verkauften iPhones. Ein umfassender Service, der weit über die allgemeine Peilsenderfunktion des Smartphones hinausgeht. Angeblich wurde mit Pegasus »El Chapo«, der Kopf des mexikanischen Sinaloa-Kartells, getrackt.

Aber, wer hätte das gedacht, nicht nur gegen Schurken kommt die revolutionäre Technologie zur Anwendung. In Istanbul wurde sie offenbar im Umfeld des im saudischen Konsulat ermordeten Journalisten Jamal Kashoggi verwendet, in Frankreich hörte Marokko, sehr sensibel in Sachen Westsahara und Polisario, den Bürgermeister von Ivry-sur-Seine und die Redaktion von Mediapart ab, die Smartphones von Journalisten, Aktivisten, Menschenrechtlern oder Anwälten in Indien, Aserbaidschan, Mexiko, Ungarn wurden bespitzelt.

Die am Projekt Pegasus beteiligten Redaktionen haben eine Liste potentieller Ziele mit 50 000 Telefonnummern weltweit untersucht, allein in Frankreich sollen es 1 000 sein. Möchte man wissen, ob man selbst zu dem erlauchten Kreis gehört, dessen Smartphone mit Pegasus aufgepeppt wurde, stößt man allerdings auf Schwierigkeiten. Die Spuren des Programms sind Le Monde zufolge in einem Winkel des Apparats verborgen, auf den man nur Zugriff bekommt, wenn man das Gerät mit einem Computer verbindet, der unter Linux oder Mac OS läuft; man braucht einige öffentlich zugängliche Tools, gewisse Informatikkenntnisse und einige Stunden Zeit. Schneller kommt man nur zu einem zuverlässigen negativen Ergebnis, wenn man das Phone mit ausreichend Schwung gegen die nächste Wand klatscht.