Homestory #41

Derzeit trifft sich die Redaktion Ihrer Lieblingswochenzeitung einmal im Monat zu einer analogen Sitzung. Beim letzten Mal machte sich der Herbstanfang bereits deutlich bemerkbar. Plötzlich scheint das Draußen-mit-Abstand-Treffen doch nicht mehr so eine gute Idee: Kälte und Wind sind ein recht hoher Preis dafür, mal wieder ein paar Menschen im echten Leben zu begegnen. Relativ schnell spaltete sich die Redaktion in zwei Lager – diejenigen, die eine Decke mitgebracht hatten, und die, die unvorbereitet froren.

Beeindruckend, wer so vorausschauend handelt. Die Decke könnte so im Coronawinter einen ähnlichen Status bekommen wie das am Vorabend vorbereitete und in Brotdosen abgepackte Mittagessen – wer Decke und Dose dabei hat, hat sein Leben noch unter Kontrolle, für alle anderen geht es steil bergab. Aber was bleibt jetzt anderes übrig, außer ungemütlich draußen zu sitzen oder sich wieder auf virtuelle Kontakte zu beschränken?

Fast fühlt man sich an die Anfangszeit der Pandemie erinnert, als man für wenige Tage so gar nicht wusste, wie man sich verhalten sollte, und vorsichtshalber noch ein Kilo Ton kaufte, um fortan bei geschlossenen Bars zu Hause mit Freunden töpfern zu können; schnell jedoch wurde klar, dass auch heimische Treffen eigentlich keine gute Idee sind und Töpfern auch nur mittelmäßig viel Spaß macht.

Mittlerweile sind mehrere Berliner Bezirke bereits zu innerdeutschen Risikogebieten erklärt worden, darunter auch Friedrichshain-Kreuzberg. Einige Bundesländer verlangen bei Einreise von dort bereits eine 14tägige Quarantäne. Wer weiß, ob nicht bald ­andere Berliner Bezirke Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein nacheifern. Dann könnte die Rückkehr vom Arbeitsplatz in Kreuzberg zur Wohnung in Treptow erst mal zwei Wochen Isolation bedeuten, dann wieder einen Tag Arbeit und immer so weiter.

So wären auch die jährlich 24 Tage Homeoffice, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als gesetzlich festzulegenden Anspruch des Arbeitnehmers vorgeschlagen hat, schnell aufgebraucht. Eigentlich wollte die Bundesregierung Ende September die Coronastrategie für den Herbst vorstellen. Im Statement von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ging es dann allerdings nur um Tests und darum, dass Clubs geschlossen bleiben sollen. Ideen, wie man die kalten Monate überstehen soll, wenn es draußen in Bars und Parks nicht mehr auszuhalten ist, gab es keine. Herr Spahn, wir brauchen Antworten! Wir können uns nicht schon wieder ­monatelang selbst verwirklichen. So ein Kilo Ton ist übrigens sehr schlecht zu lagern.