Neuwahlen in Österreich

Feindliche Übernahme

Schluss und vorbei! »Es ist aus, ich lasse mir das nicht bieten«, zitierte die Kronen-Zeitung am Montag dieser Woche Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Nach dem Rücktritt der Vizekanzlerin und FPÖ-Vorsitzenden Susanne Riess-Passer und des Finanzministers Karl-Heinz Grasser wolle er Neuwahlen schon Ende November dieses Jahres.

Doch nicht nur die blau-schwarze Koalition in Wien ist am Ende. Auch der Machtkampf bei den Freiheitlichen ist entschieden, der Sieger in dem wochenlangen Streit heißt Jörg Haider. Die FPÖ will nun am 20. Oktober eine neue Parteiführung wählen. Es wird damit gerechnet, dass der Kärntner Landeshauptmann die Führung der Bundespartei wieder übernimmt.

»In den letzten Wochen hat sich eine immer größer werdende Kluft aufgetan zwischen uns und Teilen unserer Partei. Alle Versuche, diesen Riss zu kitten, sind leider fehlgeschlagen«, begründete Riess-Passer, die auch ihre Ämter in der Partei zur Verfügung stellt, ihren Rücktritt. Der Verkehrsminister Mathias Reichhold von den Freiheitlichen trat am Montag ebenfalls zurück.

Beim aktuellen Konflikt in der FPÖ geht es nur vordergründig um die Steuerreform (Jungle World, 37/02). Riess-Passer und Grasser stimmten einem Aufschub wegen der Hochwasserkatastrophe zu, Haider mobilisierte dagegen erfolgreich die Parteibasis.

Eine ähnlich heftige interne Auseinandersetzung erlebte die Partei schon 1993 mit dem Austritt der späteren Gründerin des Liberalen Forums, Heide Schmidt. Dennoch sind die Konfikte nicht vergleichbar. Heute bedienen sich beide Fraktionen rechtsextremer Ideologien. Inhaltliche Differenzen sind lediglich in Fragen der Wirtschaftspolitik auszumachen, wo sich der neoliberale Kurs der Regierungsmannschaft nicht mit dem sozialen Populismus Jörg Haiders verträgt. Für ihn dürfte vor allem der schlechte Auftritt der Regierung in den vergangenen Monaten eine Rolle spielen, davon will er sich rechtzeitig distanzieren.

Mit seiner Rückkehr an die Parteispitze wird sich aber nicht nur die Sozial- und Wirtschaftspolitik der FPÖ ändern. Künftig wird die Partei voraussichtlich auch eine härtere Haltung zur Ost-Erweiterung der Europäischen Union einnehmen. Haider hat wiederholt mit einem Veto gegen den Beitritt Tschechiens gedroht, wenn die Regierung in Prag im Streit um das Atomkraftwerk Temelin nicht nachgibt und ihre Position zu den Benes-Dekreten nicht ändert.

Die Art und Weise, wie Haider den Machtkampf für sich entschieden hat, lässt schon darauf schließen, wohin die Reise geht. Der Kärntner Landeshauptmann hatte in der vergangenen Woche die Rücktrittsdrohungen Riess-Passers mit einem Ultimatum beantwortet. Er wollte auf einen Sonderparteitag verzichten, wenn die Parteiführung einem von ihm als »Kompromiss« betitelten Forderungskatalog zugestimmt hätte. Doch darauf ließ sich Riess-Passer nicht mehr ein.

In den Verhandlungen spielte der FPÖ-Anwalt Ewald Stadler eine zentrale Rolle, der sich in den vergangenen Wochen als Wortführer der Regierungsgegner in der FPÖ hervortat und als Intimfeind Riess-Passers gilt.

Stadler, der erst vor wenigen Wochen auf einer deutschnationalen Sonnwendfeier erklärte, es sei unanständig zu bewerten, »welches Regime schlimmer gewesen ist, die Nazis oder die Alliierten«, gilt in der Partei als Exponent des völkischen Flügels.