Sozialgesetze in Frankreich

Arbeitslose Vertragspartner

Der Tragikomödie vierter Akt wird wohl der letzte bleiben. Nach mehrfachem Hin und Her zwischen der französischen Regierung und den so genannten Sozialpartnern scheint das Schicksal des von den Arbeitgebern angeregten Abkommens über die Zukunft der Arbeitslosenversicherung besiegelt. Obwohl zwei der größten Gewerkschaftsverbände, die CGT und die Force Ouvrière (FO), nach wie vor gegen den Inhalt der »sozialpartnerschaftlichen« Regelung eintreten, wird diese wohl verbindlich werden.

Die letzten Hindernisse wurden durch einen Kompromiss an der Spitze beseitigt. Mitte Oktober öffneten Premierminister Lionel Jospin und der Vorsitzende des zentralen Arbeitgeberverbands Medef, Ernest-Antoine Seillière, der Sozialpartnerschaft den Weg. In wenigen Wochen wird damit wohl die Situation der Erwerbslosen vollkommen neu geregelt.

Im Juni hatten sich der Medef und zwei von fünf Gewerkschaftsverbänden - die sozialdemokratische CFDT und die katholische CFTC - auf ein Abkommen zur Zukunft der Arbeitslosenkasse geeinigt. Nach dem Abkommen sollte es möglich sein, Erwerbslose zur Annahme praktisch jedes Jobs zu zwingen. Widrigenfalls drohten abgestufte Sanktionen, die von der Ermahnung bis zur Streichung des Arbeitslosengelds reichen sollten. Ferner wurden Senkungen der Beitragszahlungen an die Arbeitslosenkasse Unedic in Höhe von 71 Milliarden Francs (10,8 Milliarden Euro) bis 2003 vereinbart, wobei die Entlastung der Arbeitgeber um 40 Prozent größer sein sollten als die der abhängig Beschäftigten.

Die Regierung ließ dieses Abkommen jedoch nicht durchgehen, was teilweise damit begründet wurde, dass es den Erwerbslosen gegenüber unsozial sei. Jetzt verzichteten die Sozialpartner auf ihren Plan, die Erwerbslosen einer Sanktionsgewalt der Unidec zu unterwerfen. Doch der Kompromiss sieht weiterhin vor, dass Arbeitslose trotz vorheriger Beitragszahlung nicht automatisch ein Recht auf finanzielle Unterstützung haben.

Stattdessen sollen sie einen Vertrag unterschreiben, den so genannten Pare, der ihre berufliche Eingliederung zum Gegenstand hat, und damit von Anspruchsberechtigten zu Vertragspartnern mit eigenen Pflichten werden. Allerdings sollen die Sanktionen nun nicht mehr von der Unedic verhängt werden, sondern von staatlichen Amtsträgern. Bei Verletzung der Vertragspflichten, etwa bei der Ablehnung eines miesen Stellenangebots, soll die Unedic den staatlichen Arbeitsämtern Sanktionen vorschlagen und gegebenenfalls zusätzlich die Außendienste des Arbeitsministeriums alarmieren.

Blieb die heikle Frage nach dem Geld. Anscheinend haben Jospin und Baron Seillière sie nun beantwortet. Gut 20 Milliarden Franc (drei Milliarden Euro) will der Staat einsparen. Damit die Rechnung aufgeht, müssen allerdings nicht mehr nur 180 000, sondern mindestens 310 000 Erwerbslose jährlich aus dem Heer der Unterstützungsempfänger ausscheiden. Notfalls eben, indem Staat und Unedic-Träger sie zur Annahme mieser Jobs zwingen.