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Manchmal läuft alles wie am Schnürchen. Aber manchmal auch nicht. Der Samstagabend z.B. gehörte nicht zu den glücklichsten. Die einen wollten nur mal eben essen gehen, die andere zu Schlingensief. Kameradschaftsabend mit rechten und gerechten Gästen in der Volksbühne, 20 Uhr. "Wie sieht eigentlich Oberlercher aus?" "Gehen wir zum Griechen oder ins Fleischhaus?" Nein, ein Kollege hatte von antipapistischer Gastronomie berichtet. Eine Kneipe im Kampf gegen die geplante Botschaft des Vatikan. Gleich ums Eck. Also viel Wein? Viel Sex? Keine Oblaten?

Naja, Oblaten gab es tatsächlich keine. Dafür Karnickel aus der Hasenheide im Kartoffelnest. Ungefähr nach zweieinhalb Stunden. Solange braucht übrigens auch ein ordentliches Chili con Carne, soll es richtig durchgezogen sein. Keine Frage: Das Essen war hervorragend. "Darf es noch ein Bier sein?" Immerhin, so gegen 23 Uhr waren wir wieder in der Redaktion. Die Kollegin mit dem Schlingensief-Auftrag übrigens schon seit längerem.

Meanwhile am Rosa-Luxemburg-Platz: Das Foyer der Volksbühne ist brechend voll, viele Lodenmantelträger darunter, sehr verdächtig. Schlangen stauen sich vor den Kassen. Wo gibt's hier die Pressekarten? Jetzt bloß nicht schüchtern sein. "Presse! Bitte lassen Sie mich durch!" Vordrängen zum Kopf der Schlange. Die murrt. Die Kartenverkäuferin erschrickt. Die Verhandlungen um die Karten gestalten sich zäh. Für Jungle World liegt hier überhaupt keine Akkreditierung vor. "Das kann aber nicht sein." Und: "Schlamperei". Was sagt man sonst noch so als Pressevertreterin, die jetzt unbedingt wissen muss, wie gerecht Schlingensiefs Gäste heute wirklich sind: "Ich will da rein"? "Geben Sie mir meine Karte"? "Behindern Sie nicht meine Arbeit"? "Ich bin amerikanische Staatsbürgerin"? Sätze etwa in der Art müssen gefallen sein, die aber nichts halfen, denn - kleiner Planungsfehler - an diesem Abend gab es gar keine "Deutschlandsuche", sondern Ibsens "Gespenster" hatten Premiere. "Sorry, nichts für ungut, mein Fehler. Dann bis Montag, reservieren Sie mir schon mal eine Karte."

Für die nächste Woche sind wir aber ganz optimistisch.