Nasseristen Hamdeen Sabahi, der auf die ägyptische Bauernbewegung hofft und in Arafat einen "Mann Israels" sieht

»Mit den Bauern gegen die Weltbank?«

Hamdeen Sabahi studierte von 1972 bis 1976 an der Kairoer Universität. Zu Beginn seines Studiums beteiligte er sich an der Studentenbewegung Higher National Committee of Workers and Students. Er war an der Fakultät für Massenkommunikation gewählter Vize-Präsident der Studentenunion, anschließend Vizepräsident im nationalen Studentenverband bis 1977. 1992 war Sabahi an der Gründung der Nasseristischen Demokratischen Partei beteiligt und wurde Mitglied des Generalsekretariats. Nach einem parteiinternen Konflikt hat er alle Ämter niedergelegt.

Welche Konsequenzen hat die jetzt in Kraft getretene Revision der nasseristischen Bodenreform für die ländliche Bevölkerung?

Rund 1,3 Millionen Pächter werden von ihren Ländereien vertrieben. Wenn man deren Familien dazurechnet, sind das rund sieben Millionen Menschen. Wenn das Gesetz weiterhin realisiert wird, würden viele der sowieso schon armen Bauern arbeitslos.

Wir Nasseristen haben die Pächter aufgefordert, auf den Ländereien zu bleiben. Das Gesetz gibt den Pächtern das Recht, solange auf ihrem Land zu verharren, bis das Gericht eine endgültige Entscheidung gefällt hat. Die Polizei, die auf seiten der Landbesitzer steht, geht jedoch ohne gerichtliche Verfügung und sehr brutal gegen die Pächter vor. Angesichts dieser Situation haben wir das "Nationale Komitee zur Verteidigung der ägyptischen Farmer" gegründet. Was wir brauchen, ist eine Allianz aus Bauern und den Arbeitern, die momentan aus dem öffentlichen Sektor entlassen werden. All diese Maßnahmen stehen übrigens im Zusammenhang mit den Auflagen inländischer Banken, des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.

Sie waren an den Protesten der Farmer beteiligt und wurden im Sommer dieses Jahres für drei Monate inhaftiert. Aus welchem Grund?

Außer mir wurden noch zehn andere Intellektuelle im Zuge der Auseinandersetzungen festgenommen. Meist politische Aktivisten, die der sozialistischen Tagammu'- und unserer Partei angehören. Uns wurde vorgeworfen, zu illegalen Demonstrationen gegen das Landrücknahme-Gesetz aufzurufen, weil wir Bauern geraten hatten, sich in ihren Ortschaften zu versammeln, schwarze Fahnen zu hissen und eine Demonstration von Kairo nach Alexandria zu veranstalten.

Der interne Machtkampf und Generationenkonflikt innerhalb ihrer Partei hatte im März letzten Jahres eine neue Dimension erreicht. Sie und vier weitere Dissidenten aus der jüngeren Führungsschicht forderten damals den Generalsekretär, Dia Eddin Dawoud, auf, den Chefredakteur der Parteizeitung Al-Arabi zu entlassen. Doch statt dessen wurden Sie suspendiert. Worum geht es bei dem bis heute anhaltenden Konflikt?

Um zwei Faktoren. Zum einen hat sich die jüngere Generation der Nasseristen bereits in den siebziger Jahren ideologisch und organisatorisch von den alten Kadern abgelöst. Die jüngere Generation entwickelte in dieser Zeit andere politische Ideen und definierte ihr Verhältnis zum Staat neu. Die meisten von uns verstehen sich als Rebellen gegen den Staat. Wir begreifen den Nasserismus als eine volksnahe Oppositionsbewegung.

Es war und ist schwierig, einen Dialog mit den Altnasseristen zu führen. Sie versuchten, uns aus den zentralen Positionen zu drängen. Besonders in Bezug auf das politische Verhältnis zur Staatsmacht und die ideologische Ausrichtung der Zeitung. Wir haben daher entschieden, uns als eigenständige Gruppe zu formieren. Unklar ist noch, ob wir eine eigene Partei gründen. Am wichtigsten ist uns, dauerhafte politische Kontakte zu Bauern, Studenten und Angestellten zu knüpfen.

Wie sehen Ihre Ziele aus?

Wir wenden uns gegen die Verwestlichung Ägyptens und die Bevormundung durch den Westen, der uns als Satellitenstaat abstempelt. Zweitens wollen wir die zunehmende Armut und Korruption bekämpfen. Weiter haben wir uns zum Ziel gesetzt, gegen die Menschenrechtsverstöße vorzugehen. Diese drei Prämissen stehen in einer historischen Tradition zum politischen Wirken Nassers.

Anläßlich des 45. Jahrestages von Nassers Revolution sagte Ihre Partei im Sommer die Teilnahme an den diesjährigen Feiern ab, weil auch Vertreter der ägyptischen Regierung und PLO-Chef Arafat eingeladen wurden. Diese seien für die Verschlechterung des Nahost-Friedensprozesses verantwortlich. In diesem Punkt sind Sie sich doch mit der "alten Garde" einig?

Wir sind der Ansicht, daß Yassir Arafat fast schon als "Mann Israels" gelten kann. Das wird daraus ersichtlich, daß Arafat an den strengen Sicherheitsvorkehrungen im Gaza-Streifen und in der Westbank festhält. Wir haben kein Vertrauen in seine Politik, weil das Abkommen von Oslo einer Kapitulationserklärung für die Bildung eines palästinensischen Staates gleichkommt. In dieser Hinsicht stimme ich ausnahmsweise mit der Parteiführung überein.