Donnerstag, 25.07.2024 / 11:22 Uhr

Vereinigte Arabische Emirate signalisieren Beteiligung an Friedenstruppe im Gazastreifen

Die Vereinigten Arabischen Emirate würden unter gewissen Bedingungen Truppen für eine Nachkriegs-Friedenstruppe im Gazastreifen zur Verfügung stellen. Damit sind die VAE das erste arabische Land, das sich öffentlich an den Friedensbemühungen beteiligt.

Eine hochrangige emiratische Beamtin signalisierte diese Woche, Abu Dhabi würde Truppen für eine Nachkriegs-Friedenstruppe im Gazastreifen zur Verfügung stellen. Damit sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) das erste arabische Land, das sich öffentlich an den Bemühungen beteiligt, die von der US-Regierung im Stillen vorangetrieben werden.

Die als Sondergesandte des VAE-Außenministers Abdullah bin Zayed fungierende Lana Nusseibeh forderte in einem Kommentar in der Financial Times die Einrichtung einer »zeitlich begrenzten internationalen Mission« im Gazastreifen, »die auf die humanitäre Krise reagiert, Recht und Ordnung herstellt, die Grundlagen für die Regierungsführung schafft und den Weg zur Wiedervereinigung des Gazastreifens und des besetzten Westjordanlands unter einer einzigen, legitimen palästinensischen Behörde ebnet«.

Die USA hätten versucht, Staaten als Partner für eine Nachkriegsordnung zu gewinnen, wobei die Palästinensische Autonomiebehörde wieder als Regierungsbehörde im Gazastreifen eingesetzt würde. Dass Ramallah Zeit für Reformen braucht und eine temporäre Sicherheits- und Regierungstruppe notwendig sein wird, um das Vakuum zu füllen bzw. die Hamas nicht wieder die Kontrolle über den Gazastreifen übernimmt, ist dem amerikanischen Präsidenten wohl bewusst.

Doch es war für die Regierung Biden nicht einfach, ihre arabischen Verbündeten an Bord zu holen. Das größte Hindernis ist deren Forderung, dass jede vorübergehende Friedenstruppe Teil eines Prozesses sein sollte, der zu einer Zwei-Staaten-Lösung führt – was Premierminister Benjamin Netanjahu zu blockieren geschworen hat.

Dementsprechend zögerten die arabischen Staaten bislang, öffentlich ihre Bereitschaft zur Teilnahme an der Initiative zu bekunden, da sie nicht als Verräter an den Palästinensern angesehen werden wollen. Inoffiziell haben die USA jedoch einige Fortschritte bei der Zusammenarbeit erzielt. So enthüllte die Times of Israel im Juni, Außenminister Antony Blinken hätte kürzlich Verbündete über die prinzipielle Bereitschaft der VAE und Ägyptens, an der Initiative teilzunehmen, informiert.

Beiderseitige Schritte

VAE-Sondergesandte Lana Nusseibeh bestätigte dies in einem Interview mit der Financial Times, das gleichzeitig mit ihrem Kommentar veröffentlicht wurde: »Die VAE könnten in Betracht ziehen, sich an der Seite arabischer und internationaler Partner an den Stabilisierungskräften zu beteiligen, und zwar auf Einladung einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde oder einer Autonomiebehörde, die von einem befähigten Premierminister geführt wird.« Ob Nusseibeh sich dabei auf Mohammad Mustafa bezog, der im März zum Premierminister der PA ernannt worden war, ist unklar.

Arabische und amerikanische Beamte wiederum erklärten gegenüber der Times of Israel, Mohammad Mustafa sei nicht die bevorzugte Wahl Abu Dhabis für den Posten, da seine langjährigen Verbindungen zu PA-Präsident Mahmud Abbas ihn daran hindern würden, unabhängig zu handeln und die notwendigen Reformen durchzuführen.

Für die Emirate wären für eine Teilnahme an der Mission »eine US-Führung, eine reformierte Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde und ein Fahrplan für die Wiedervereinigung des Gazastreifens und des Westjordanlands unter einer einzigen palästinensischen Regierung erforderlich«, sagte Nusseibeh der Financial Times. »Wir bräuchten auch eine klare Artikulation, ein Signal oder ein Bekenntnis zur palästinensischen Eigenstaatlichkeit durch Verhandlungen.«

Israel als Besatzungsmacht müsse ebenfalls seinen Teil zum Erfolg »eines solches Vorhabens beitragen. Gaza kann sich nicht erholen, wenn es weiterhin unter einer Blockade lebt. Es kann auch nicht wieder aufgebaut werden, wenn die legitime Palästinensische Autonomiebehörde nicht in die Lage versetzt wird, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Keine Anstrengung wird erfolgreich sein, wenn der Siedlungsbau, die Gewalt und die Aufstachelung zur Gewalt im besetzten Westjordanland weiter zunehmen«, schrieb die emiratische Sondergesandte.

Breite Unterstützung gesucht

Lana Nusseibeh stellte klar, dass die von den VAE geplante Stabilisierungstruppe nicht »die UNO oder die Arbeit ihrer Organisationen vor Ort« ersetzen würde, was darauf hindeutet, dass Abu Dhabi für den Verbleib der UNRWA im Gazastreifen votiert, während Israel sich darum bemüht, die Tätigkeit der UNRWA in dem Küstenstreifen zu beenden, da sie vollständig von der Terrorgruppe Hamas kompromittiert worden sei. Die Alternative zur Stabilisierungsmission wäre »noch mehr vom immer Gleichen zu tun, was nur zu mehr Gewalt, Radikalismus und Leid für Palästinenser und Israelis führen wird«, fügte die Politikerin hinzu.

Amerikas Außenminister Anthony Blinken sagte seinen Gesprächspartnern im Nahen Osten aktive Hilfe seitens der USA beim Aufbau und der Ausbildung der – mit einem zeitlich begrenzten Mandat ausgestatteten – Sicherheitskräfte zu, bis sie schließlich durch eine rein palästinensische Einheit ersetzt werden könnten, so Beamte gegenüber der Times of Israel. Allerdings, so die Quellen, würden die USA keine eigenen Truppen zur Verfügung stellen.

Auf einer Pressekonferenz am 12. Juni in Doha versicherte Blinken, die USA und ihre Partner würden in Bälde ihre Pläne für die Nachkriegsverwaltung des Gazastreifens veröffentlichen. »In den kommenden Wochen werden wir Vorschläge für Schlüsselelemente der Nachkriegszeit vorlegen: Eine Planung, die konkrete Ideen für die Verwaltung, die Sicherheit und den Wiederaufbau enthält.« Laut Beamten arbeiteten die USA an drei Konzepten zu jedem dieser Themen und hoffen auf Saudi-Arabien als führendes Land für den Wiederaufbau.

Blinken strebt die Bildung einer Übergangsregierung im Gazastreifen an, die eng mit den Staaten der Region zusammenarbeiten soll. So führt der Minister seit Monaten Gespräche mit einer Kontaktgruppe aus Vertretern von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Jordanien, Ägypten und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Blinken bezog auch Marokko, Bahrain, die Türkei, Indonesien und andere Länder ein, um eine breite internationale Unterstützung für die Nachkriegsstabilisierung des Gazastreifens zu erreichen.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch