Donnerstag, 29.08.2024 / 09:13 Uhr

Wachsende Bedrohung durch den IS in Syrien und dem Irak

Bildquelle: Picryl

Der IS hat in diesem Jahr die Zahl seiner Anschläge deutlich erhöht. Er war immer schon gut darin, regionale Spannungen auszunutzen.

Während sich die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit derzeit auf die Bedrohung durch den IS-Ableger in Afghanistan, die Gruppierung Islamischer Staat – Provinz Khorasan konzentriert, setzt die Hauptorganisation in Syrien und im Irak alles daran, ihre Reihen neu zu organisieren.

Im Juli erklärte das für den Nahen Osten zuständige US-Zentralkommando (CENTCOM), der Islamische Staat (IS) habe seine Angriffe im Irak und in Syrien seit Anfang des Jahres deutlich verstärkt: »Von Januar bis Juni 2024 hat der IS 153 Anschläge im Irak und in Syrien verübt. Bei diesem Tempo ist er auf dem besten Weg, die Gesamtzahl der Anschläge, zu denen er sich im Jahr 2023 bekannt hat, zu verdoppeln.« Das deute darauf hin, dass die Gruppe nach mehreren Jahren der Stagnation an einer Rückkehr arbeite.

Verstärkte Terroraktivitäten

Um dem entgegenzutreten, hätten die amerikanischen Streitkräfte in Kooperation mit ihren Partnern von den irakischen Sicherheitskräften und den Syrischen Demokratischen Kräften insgesamt 196 Operationen gegen die Terrororganisation durchgeführt. In der ersten Hälfte des heurigen Jahres seien dadurch 44 IS-Mitglieder getötet und 166 festgenommen worden.

Der Leiter des Medienzentrums der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), Farhad Al-Shami, bestätigte den Eindruck über das Wiedererstarken des IS. Es sei der Terrormiliz gelungen, ihre Führung neu zu strukturieren und das interne Chaos der vergangenen Jahre zu überwinden. »Die Fortsetzung der Terroranschläge, ihre geografische und operative Vielfalt und ihr Rückgriff auf unkonventionelle Operationen sind gefährliche Indikatoren dafür, wie schwierig es ist, den IS vor dem Hintergrund einer zunehmenden internationalen Laxheit einzudämmen.«

Laut Al-Shami sei es der Gruppe gelungen, die Motivation unter seinen Anhängern sowie die Zahl seiner Mitglieder zu erhöhen. Die steigende Zahl und die Vielfalt der vom IS durchgeführten Anschläge seien das Ergebnis dieses Prozesses.

Al-Shami, dessen SDF sich an der internationalen Koalition zur Bekämpfung des Terrorismus beteiligen, führte weiter aus, dass es »Beweise dafür gibt, dass der IS jetzt (wieder) über ein gutes Finanzsystem verfügt, um seine Anschläge zu finanzieren, sowie über zahlreiche Mitglieder, zusätzlich zu einem Zentrum, das seine Operationen verwaltet, und einem Mediensystem, das terroristische Operationen fördert und über das es mit seinen Zellen kommuniziert. … Der IS arbeitet derzeit nach einer pragmatischen Vision, die auf effektiven Anschlägen beruht und alles vermeidet, was sie in eine Konfrontation mit militärischen Kräften treiben könnte.« Daher versuche er auch gar nicht, Städte und Dörfer zu kontrollieren.

Laut einem im Januar veröffentlichten Bericht schätzen die Vereinten Nationen die Zahl der IS-Kämpfer im Irak und in Syrien auf drei- bis fünftausend. Ihren größten Angriff verübte die Organisation im Mai, als sie in der syrischen Region Badia syrische Regimetruppen ins Visier nahm und siebzehn Soldaten tötete.

Wachsende Bedrohung

Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedrohung durch die Terrororganisation kündigte der Irak letzte Woche an, das Ende der Tätigkeit der internationalen Koalition zur Bekämpfung der Dschihadisten unter Führung der Vereinigten Staaten zu verschieben und berief sich dabei auf »jüngste Entwicklungen«. Bagdad und Washington verhandeln seit Monaten über die schrittweise Reduzierung der Zahl der Koalitionstruppen im Irak, ohne ein offizielles Datum für das Ende der Mission bekannt zu geben. Die Vereinigten Staaten haben im Irak etwa 2.500 Soldaten und an die 900 im benachbarten Syrien als Teil der Koalition stationiert, die 2014 zur Bekämpfung des IS gegründet wurde.

Nach der Einschätzung von Hassan Abu Haniya, Forscher über extremistische Gruppen, gibt es seit dem Überfall der Hamas auf Israel deutliche Hinweise auf eine Eskalation der IS-Angriffe in Syrien, weshalb er von einer »Sicherheitslücke« spricht, welche die Terrorgruppe derzeit ausnutze, um ihre Aktivitäten zu verstärken. Abu Haniya zufolge seien die USA darauf bedacht, vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs die Risiken einer Eskalation zu minimieren. Diese Zurückhaltung eröffne dem IS neue Möglichkeiten.

Sollte ein größerer Krieg in der Region ausbrechen oder die USA ihre Truppen aus dem Irak und aus Syrien abziehen, würde das die lokalen Verbündeten Washingtons im Kampf gegen den Islamischen Staat in eine sehr schwierige Lage bringen.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch