Freitag, 06.01.2023 / 21:48 Uhr

Der nächste arabische Frühling kommt bestimmt

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Tahrir Platz in Kairo, Mai 2011, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

In einem Beitrag für Qantara prophezeit Marwan Muasher, dass angesichts der Situation in der arabischen Welt es nur eine Frage der Zeit sein dürfte, bis es zu einem neuen arabischen Frühling kommt. Dies ist eine Einschätzung, die äußerst realistisch ist, nur vermutlich werden solche Beiträge an relevanten Stellen in Europe entweder nicht gelesen oder nicht ernst genommen. So war es auch vor 2011, als man sich in Nahost Think-Tank und Außenministerien völlig überrascht angesichts der dann kommenden Entwicklungen zeigte.

Über den Status Quo schreibt Muasher:

Selbst ein Feind würde wenig Gefallen an dem finden, was er in der arabischen Welt sieht – geschweige denn ein Freund. Einigen arabischen Ländern droht das Schicksal gescheiterter Staaten: Im Inneren sind sie von Bürgerkriegen und dysfunktionalen Regierungen zerrissen. Fremde Akteure plündern ihre Ressourcen.

Die meisten dieser Staaten haben es versäumt, die Vielfalt ihrer konstituierenden Akteure zu achten. Paradebeispiele dafür sind der Libanon, Libyen, Jemen, Syrien und der Irak. Trotz der vorhandenen menschlichen, finanziellen und natürlichen Ressourcen fehlt es dort an grundlegenden Standards der Regierungsführung bzw. an Achtung gegenüber der eigenen ethnischen, religiösen und gesellschaftlichen Vielfalt. 

Andere Staaten verfolgen ein autoritäres Modell, so wie es vor dem Arabischen Frühling in den meisten arabischen Ländern bestand. Auch heute noch sitzen die Autokraten fest im Sattel, trotz der zunehmend schlechteren wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen und sozialen Bedingungen in den von ihnen regierten Ländern.

Das autoritäre Modell lässt sich nur schwer verändern, da die Akteure angesichts ihrer Interessen stets den politisch bequemsten Weg wählen. Statt zu sinnvollen politischen und wirtschaftlichen Reformen führt ihr Weg in die Abhängigkeit von ausländischer Hilfe, zu Staatsverschuldung, indirekten Steuern und hoher Inflation. Ihre politischen Entscheidungen zielen grundsätzlich darauf ab, eigene Privilegien und ein überholtes Rentiersystem zu sichern. 

Ägypten ist ein Beispiel für die Fortschreibung dieses Modells. Tunesien steht kurz davor, dem Club wieder beizutreten. Die Machthaber in Tunis werfen die demokratischen Errungenschaften der letzten Jahre über Bord und machen sich nicht einmal die Mühe, eine Wirtschaftsstrategie zur Lösung der Probleme des Landes zu entwickeln.