Donnerstag, 24.09.2020 / 12:03 Uhr

Dank Corona: Brandenburg-Derby mal ohne Nazis

Von
AM
Banner beim Derby Babelsberg-Cottbus

Polizei, SA, SS, GSG9, BGS, KSK, VS“ - Banner beim Derby Babelsberg-Cottbus

Bild:
instagram.com/picke.graetsche.aus

Am vergangenen Wochenende war ja noch ein Derby: SV Babelsberg 03 gegen FC Energie Cottbus.

Mit Sicherheit eine der brisantesten Begegnungen, die die Regionalliga Nordost zu bieten hat. Einen kleinen Eindruck von der Fanfeindschaft kann man sich auf YouTube verschaffen. Ohne Auswärtsfans verliert jedoch ein solches Derby schnell an Spannung, wie man aus Leipzig nur zu gut weiß.

Sicherlich ist es generell besser, wenn die Fans von Energie Cottbus, die im Grunde eine Nazi-Bande mit ein wenig Fußballbezug sind, zu Hause bleiben und im Karl-Liebknecht-Stadion nicht Parolen wie „Arbeit macht frei - Babelsberg null drei“ skandieren oder die 03er als „Zecken, Zigeuner und Juden” beschimpfen. Wie Yehuda Bauer einmal sagte: Es gibt keine Neonazis, nur Nationalsozialisten, die heute leben, aber nicht so können, wie sie wollen. Große Teile des Energie-Anhangs sind der lebenden Beweis für diese These.

Derby-Time ohne Fans aus Cottbus also, die „Coronawahnsinn stoppen!”-Fahne aus der Energie-Fanszene wird man sich dann erst wieder bei den nächsten „Hygiene-Demos“ zu Gemüte führen müssen. Den Soundtrack zur Pandemie liefert derweil der örtliche Brandenburger Blockwart „Bloody32” mit „Ein Volk” (bitte selber googeln).

Angesichts der bisher vielfach ausverkauften Spiele kann man zu dem Schluss kommen, dass sich die Fans und aktive Supporter mit den Kompromissen, die angesichts der geltenden Vorschriften eingegangen werden müssen (Fußball ja, Fans ja, aber keine Auswärtsfans, kein organisierter Support) weitestgehend abgefunden haben. Weitestgehend, weil einige Fanszenen wie zum Beispiel jene von Carl-Zeiss Jena offiziell gar nicht antreten. Derbys und Spiele mit politischer Brisanz (rechtsradikal dominierter Support trifft auf linke Fanszenen) erinnern dann aber immer wieder deutlich, dass etwas fehlt.

Dennoch sorgte das märkische Derby auf und neben den Rängen für Aufregung. Sportlich zeichnete sich die Partie vor allem durch eine harte Gangart aus. Beide Trainerbänke sahen jeweils gelb. Babelsberg hatte kaum Chancen, Cottbus war auch nicht zwingend, gewann aber am Ende die ansonsten schnell zu vergessende Begegnung mit 1:0.

Die Nordkurve sowie die Osttribüne ließen sich immer mal hören, vor allem aber gab es wieder einiges an den jeweiligen Zäunen zu lesen. An der Osttribüne wurde auf die absolut skandalöse Ankündigung des DFB hingewiesen, die Mittel für Fanprojekte zu kürzen, und das angesichts von Rekordeinnahmen.

Neben der Solidaritätserklärung mit den Protesten in Belarus und einem Hinweis darauf, dass strukturschwache Regionen wie die Lausitz ohne den Raubbau an der Natur (Stichwort Heimatschutz!) nur hängengeblieben Nationalsozialisten zu bieten haben, zeigte sich die Nordkurve wieder in bester Politik-Leistungskurs-Agitationsphase. Mittels eines suggestiven Spruchbands („Polizei, SA, SS, GSG9, BGS, KSK, VS“), das wohl auf die Zustände in Teilen der bundesrepublikanischen Exekutive hinsichtlich neonazistischer Unterwanderung hinweisen sollte, setzte man die bundesrepublikanische Polizei tatsächlich mit nationalsozialistischen Organisationen wie SA und SS gleich.

Die für das Banner verantwortliche Fangruppierung „Brigade Konrad Wolf“ wollte laut eigenen Aussagen auf die dringend zu erledigende „Entnazifizierung der deutschen Behörden“ hinweisen. Das Zitat selbst stammt von der Punkband Slime und wurde 2011 von der Bundesprüfstelle als „schwer jugendgefährdend“ eingestuft. Den Antrag hatte damals das Landeskriminalamt Brandenburg eingereicht. Zuständig für das Verfahren war die Staatsanwaltschaft aus Cottbus. Ausgang unbekannt.