Der Konservative Alexander Stubb hat die Präsidentschaftswahl in Finnland gewonnen

Nato statt Putin

Alexander Stubb hat die Präsidentschaftswahl in Finnland gewonnen. Die konservative Nationale Sammlungspartei hat damit alle sicherheitsrelevanten Posten des Landes inne.

Helsinki. Schon kurz vor 21 Uhr Ortszeit konnte der öffentlich-rechtliche Sender Yle eine sehr genaue Vorhersage treffen und der unterlegene Kandidat Pekka Haavisto von den finnischen Grünen gratulierte seinem Konkurrenten. Der Präsidentschaftskandidat der konservativen Sammlungspartei (Kokoomus), Alexander Stubb, setzte sich am Sonntag mit 51,6 Prozent der Stimmen durch.

Stubb und Haavisto haben beide eine lange Karriere in verschiedenen Ämtern hinter sich, waren bereits Außenminister. Stubb gilt als gut vernetzter Politiker mit großen Ambitionen. Der Hobby-Triathlet mit dem markanten breiten Lachen ist in einer bilingualen schwedisch- und finnischsprachigen Familie aufgewachsen und leitete zuletzt eine Fakultät des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz. In der Vergangenheit hatte er sich bereits erfolglos um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten und des Direktors des Internationalen Währungsfonds beworben.

Der finnische Präsident hat verfassungsrechtlich eine größere Bedeutung als sein deutsches Äquivalent. Er muss nicht nur neue Gesetze unterzeichnen, sondern ist auch Oberbefehlshaber der finnischen Streitkräfte und bestimmt die Außen- und Sicherheitspolitik des Landes. Die Partei Kokoomus, der neben dem designierten Präsidenten auch Ministerpräsident Petteri Orpo, Außenministerin Elina Valtonen und Verteidigungsminister Antti Häkkänen angehört, wird wohl über Jahre hinweg die sicherheitspolitischen Entscheidungen des Landes prägen.

Seit der russischen Invasion der Ukraine ist sich das konsensorientierte Finnland in der Außen- und Verteidigungspolitik weitgehend einig.

Die Wahlkampagnen der ursprünglich neun Präsidentschaftskandidaten hatten sich nur geringfügig voneinander unterschieden. Das Gros war der konservativen »Mitte« zuzuordnen und ohnehin ist das konsensorientierte Finnland in der Außen- und Verteidigungspolitik seit der russischen Invasion der Ukraine weitgehend einig. Einzig die Kandidatin und Vorsitzende des Linksbündnisses (Vasemmistoliitto), Li Andersson, hatte sich beispielsweise in sozialen Fragen und bei Menschenrechtsangelegenheiten von den anderen Bewerbern abgehoben; aber auch sie stellt den Nato-Beitritt Finnlands nicht prinzipiell in Frage.

Im nationalistischen Lager hatte der finnische Parlamentssprecher und Spitzenpolitiker der rechtsextremen Perussuomalaiset (Wahre Finnen), Jussi Halla-aho, polemische Töne angeschlagen. Er hatte unter anderem während seiner Wahlkampagne gefordert, dass zukünftig Menschen mit ursprünglich anderer Staatsbürgerschaft nicht mehr Abgeordnete des Parlaments werden sollten. Derzeit trifft das auf drei von 200 Abgeordneten zu, darunter der einzige jüdische Abgeordnete, Ben Zyskowicz (Kokoomus), der bis 1959 die polnische Staatsbürgerschaft besessen hatte.

Halla-aho, der von 2017 bis 2021 Vorsitzender der Perussuomalaiset war, war in der Vergangenheit bereits wegen Volksverhetzung verurteilt worden und erstattete im November vorigen Jahres Anzeige, nachdem eine grüne Lokalpolitikerin und ein Komiker ihn beim Microblogging-Dienst X (vormals Twitter) als Faschisten bezeichnet hatten. Er kam im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl mit 19 Prozent der Stimmen auf den dritten Platz, verfehlte damit aber klar die Stichwahl.

Vor dieser stieg zunächst die Spannung, der Grünen-Politiker und ehemalige Außenminister Pekka Haavisto kam in den Umfragen von Yle immer weiter an Stubb heran. Auch am Sonntag konnte Haavisto seinen Abstand überraschend noch weiter verringern, verfehlte aber mit 48,4 Prozent der Stimmen ein drittes Mal in seiner Karriere das Präsidentenamt. Fraglich bleibt, welche Rolle Haavistos Homosexualität im Wahlverhalten spielte. Insbesondere Finnlands Norden und Osten sind tief konservative Gebiete. In einer Umfrage der Universität Helsinki, die am Sonntag veröffentlicht wurde, gaben von den Befragten, die Haavisto nicht wählen wollten, 40 Prozent seine Partnerwahl als einen der Gründe an.

Nach dem Amtsantritt von Alexander Stubb am 1. März dürften die transatlantischen Beziehungen noch stärker betont werden.

Das Ende der zweiten Amtszeit von Präsident Sauli Niinistö, der nicht noch einmal antreten durfte, könnte als letzter Schritt der sicherheitspolitischen Umwälzungen in Finnland gelten. Niinistö galt vor der russischen Invasion der Ukraine als Politiker mit guten Kontakten in den Kreml. Im Juli 2018 fand ein seither berühmt gewordenes Treffen zwischen dem russischen Präsidenten und dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump im Helsinkier Präsidentenpalast unter der Schirmherrschaft von Niinistö statt. Noch im Sommer 2021 hatte dieser im US-amerikanischen Magazin Foreign Policy eine Wiederbelebung des »Geists von Helsinki« angeregt und eine Konferenz für den 50. Jahrestag der blockübergreifenden Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vorgeschlagen.

Inzwischen ist das Land der Nato beigetreten, die russisch-finnische Grenze ist derzeit fast vollständig geschlossenen und Finnland unterstützt die Ukraine militärisch. Eine Rolle, wie sie das Land noch unter Niinistö eingenommen hatte, ist kaum mehr vorstellbar.

Nach dem Amtsantritt von Alexander Stubb am 1. März dürften die transatlantischen Beziehungen noch stärker betont werden. Stubb hatte während der Fernsehdebatten sogar eine Gesetzesänderung in Aussicht gestellt, die den Transport von Nuklearwaffen über finnisches Territorium gestatten würde.