Der Job und sein Beitrag zur Verarmung der Sprache

Alles fließt den Bach runter

Sprachkolumne. Warum jetzt auch die Abteilungsleiterin jobben muss.
Das letzte Wort Von

Panta rhei, alles fließt, wusste Heraklit. Wer sprachliche Entwicklungen kritisch kommentiert, begegnet bald einer Variante dieses Topos: Es liege, so wird einem entgegnet, eben im Wesen der Sprache, sich unablässig zu wandeln; wer dagegen ankämpfe, fröne bloß einem bornierten Konservatismus. Sprachkritik, die nicht allein mit politischer, sondern auch mit sprachlicher Korrektheit argumentiert, wird dabei suggestiv mit der Mäkelei jener rechten Sprachsäuberer gleichgesetzt, die, bevor die Gendersprache ihnen ein dankbareres Feindbild verschaffte, vor allem damit beschäftigt waren, sich heroisch der Überfremdung des teutschen Wortschatzes mit Anglizismen entgegenzustemmen.

Dass sich etwas wandelt, ist das eine; wie es sich wandelt, das andere. Ob eine bestimmte Veränderung (oder ein Anglizismus) gut oder schlecht sei, wäre gerade zu begründen; zum Beispiel mit Rekurs darauf, dass Sprache verarmt, wenn sie an Ausdrucksmöglichkeiten verliert, und bereichert wird, wenn sie diese hinzugewinnt.

Im heutigen Sprachgebrauch, zumal in den Medien, ist »Job« längst zum Breitbandbegriff geworden, der als pauschaler Ersatz für zahlreiche durchweg genauere Wörter dient.

Das lässt sich am Wort »Job« illustrieren. Für das, was es im Englischen bezeichnet, gab es schon deutsche Ausdrücke, und so nahm es hierzulande eine spezifische Bedeutung an, für die es noch kein eigenes Wort gab: Ein Job ist in diesem engeren Sinn eine provisorische, also mindestens der Intention nach vorübergehende und eher geringfügige Erwerbstätigkeit. So spricht man von einem Nebenjob, aber von einem Hauptberuf; es gibt Gelegenheitsjobs, aber Führungspositionen. Entsprechend jobbt man als Kellnerin, nicht aber als Abteilungsleiterin.

Hier hat also ein Anglizismus, genauer ein englisches Lehnwort, das Deutsche bereichert. Das Gegenteil ist jedoch ebenso möglich – mit exakt demselben Wort. Denn im heutigen Sprachgebrauch, zumal in den Medien, ist »Job« längst zum Breitbandbegriff geworden, der als pauschaler Ersatz für zahlreiche durchweg genauere Wörter dient: Beruf, Arbeit, Arbeitsplatz, Arbeitsverhältnis, Anstellung, Stelle, Posten, Amt, Profession, Beschäftigung, Auftrag, Aufgabe, Aufgabenbereich, Funktion, Leistung, Tätigkeit, Erwerbstätigkeit, Verdienstmöglichkeit, Vakanz … Ein solcher Wildwuchs an Vokabular schreit ja geradezu nach Rationalisierung! Schließlich müssen wir den Gürtel enger schnallen – auch im Kopf. Denn was fließt, fließt bergab.