Luise Klaus, Wissenschaftlerin an der Uni Frankfurt, im Gespräch über die Ergebnisse einer Studie zu Polizeigewalt

»Die Polizei kann, darf und soll Gewalt anwenden«

Seit 2018 findet an der Universität Frankfurt eine Studie zu »Körper­verletzung im Amt durch Polizeibeamt:innen« unter der Leitung von Tobias Singelnstein statt. Ihr Ziel war es, Erfahrungen von Opfern polizeilicher Gewalt sowie deren strafrechtliche Aufarbeitung zu ­untersuchen. Die »Jungle World« sprach mit der Projektmitarbeiterin Luise Klaus.
Interview Von

Nur etwa zwei Prozent der angezeigten Fälle von Körperverletzung im Amt werden überhaupt vor Gericht verhandelt. Wird die Polizei mit lauter haltlosen Anzeigen überschüttet?
Das können wir relativ eindeutig verneinen. Es gibt in keinem anderen Deliktbereich so viele Einstellungen von Ermittlungsverfahren wie bei Körperverletzungen im Amt. Die meisten davon werden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Das verweist auf Besonderheiten dieser Verfahren: Meist stehen Aussagen der Polizist:innen gegen die der Anzeigensteller:innen. Po­lizeibeamt:innen gelten den Gerichten oft als erfahrenere Zeug:innen, die eine besonders neutrale Sicht hätten. Eine gewisse berufliche Erfahrung kann man ihnen nicht absprechen. Wenn sie aber gegen Kolleg:innen aussagen sollen, mit denen sie eng zusammenarbeiten, kann es für sie schwer sein, diese zu belasten.

Außerdem gibt es eine institutionelle Nähe zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft. Letztere leitet zwar das Ermittlungsverfahren, aber die Ermittlungen werden von der Polizei durchgeführt. Man ist aufeinander angewiesen.

Wie viele Fälle von Körperverletzung im Amt werden überhaupt angezeigt?
In unserer Studie haben nur neun Prozent der Befragten gesagt, dass sie die Polizei angezeigt haben. Insgesamt sind den Strafverfolgungsbehörden 14 Prozent unserer Fälle bekannt geworden. Das ist nicht repräsentativ, aber wir können davon ausgehen, dass es ein vielfach größeres Dunkelfeld gibt.

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