Miriam Klemm forscht über die Entwicklung von Verhütungsmitteln für Männer

»Männer geben schnell wieder auf, wenn es anstrengend wird«

Dass es die Pille für die Frau seit Jahrzehnten gibt, ähnliche Mittel für Männer jedoch kaum Fortschritte machen, ist kein Zufall. Die Soziologin Miriam Klemm erklärt die Gründe dafür.
Interview Von

Wie kam es dazu, dass Verhütung Sache der Frauen wurde?

Es wurde sehr früh begonnen, den Frauenkörper zu erforschen, weil man überzeugt war, dass Frauen für die ­Reproduktion zuständig sind. Die An­drologie entstand erst in den sechziger Jahren, die Gynäkologie hingegen gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert. Sie hat viel Quatsch produziert, aber auch wichtige Erkenntnisse, es entstanden früh Fachjournale für Frauenmedizin und gynäkologische Kliniken. Am ­Anfang des 20. Jahrhunderts wurde gleichzeitig an Verhütungsmitteln für den Mann und die Frau geforscht. Zum Durchbruch kam es aber dann 1960 nur bei der Pille für die Frau, weil es großen Druck von der damaligen Frauenbewegung und mehr Grundwissen über den weiblichen Körper gab. Es wurden zum Beispiel mehr Urinproben von Frauen gesammelt, weil es mehr Frauenkliniken gab, und so konnte man viel besser die Hormone aus dem Urin extrahieren. Um an männlichen Hormonen zu forschen, gab es nicht genug Männerurin­proben.

Wer entwickelte die Pille für die Frau?

Die Pharmaindustrie hat sich nicht für die Entwicklung der Pille interessiert. Es waren die Feministinnen Margaret Sanger und Katharine McCormick, die Anfang der fünfziger Jahre den Forscher Gregory Pincus überredeten, an seinem unabhängigen Forschungsinstitut gemeinsam eine Verhütungspille zu entwickeln. Die grundlegende Forschung wurde also nicht vom Staat und auch nicht von der Industrie geleistet. Die Pharmakonzerne spielten erst bei der Vermarktung der Pille eine große Rolle.

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